Wirtschaft

Analysten sind enttäuscht EZB diskutiert Anleihenkäufe im Herbst

Mario Draghi sagt nicht viel.

Mario Draghi sagt nicht viel.

(Foto: REUTERS)

Hinsichtlich der Anpassung ihrer Geldpolitik hält sich die EZB bedeckt. Notenbankchef Draghi vertröstet auf den kommenden Herbst. Ein Ökonom wirft den EZB-Verantwortlichen "zunehmend dogmatisches" Verhalten vor.

EZB-Chef Mario Draghi hält sich zum Zeitpunkt der bevorstehende Anpassung der Geldpolitik bedeckt. Das vom Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) abgefasste Statement erfüllte damit nicht die von manchen Beobachtern gehegte Erwartung, dass Draghi weitere Hinweise auf eine Normalisierung der EZB-Geldpolitik geben würde. Die Währungshüter wollen laut Draghi erst im Herbst über ihren Kurs beraten. Der Rat habe im portugiesischen Sintra jedoch einstimmig entschieden, kein genaues Datum festzulegen, wann Änderungen der Geldpolitik diskutiert würden, sagte er.

Weil die Zeiten einer Inflationsrate nahe Null vorerst vorbei sind und die Konjunktur im Euroraum wieder besser läuft, wächst der Druck auf die Währungshüter, ihren Anti-Krisen-Kurs zu beenden. Viele Teilnehmer an den Finanzmärkten hoffen, dass die Notenbank bald einen Plan vorlegt, wann und wie sie ihre ultralockere Geldpolitik beenden will.

Bei der Frankfurter Sitzung gab es jedoch keine weiteren Signale in Richtung Einstieg in den Ausstieg aus der Geldflut. Der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent, die EZB kauft bis mindestens Ende Dezember 2017 monatlich für 60 Milliarden Euro Staats- und Unternehmensanleihen - und behält sich weiterhin vor, dieses Kaufprogramm bei Bedarf auszuweiten. Der EZB-Rat habe einstimmig entschieden, keinerlei Änderungen an dieser Sprachregelung vorzunehmen, sagte Draghi.

Reaktion von Ökonomen auf Draghis Ausführungen

Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes: "Ich hätte mir gewünscht, dass die Europäische Zentralbank heute zumindest verbal einen weiteren kleinen Trippelschritt in Richtung Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik gewagt hätte. Die Konjunktur im Euroraum ist in einer guten Verfassung und die einst gehegten Deflationsbefürchtungen sind längst überwunden. Nach der Sommerpause wird der EZB-Rat über eine mögliche Reduktion des Aufkaufprogramms ab dem nächsten Jahr entscheiden. Eine Änderung der Leitzinsen ist aus heutiger Sicht aber noch bis weit ins nächste Jahr hinein unwahrscheinlich."

Uwe Burkert, Chefvolkswirt LBBW: "Die Spekulationen nicht weiter anheizen, genau das hatte sich Draghi wohl heute vorgenommen. Nach seiner Rede in Sintra spekulierte der Markt über ein baldiges Ende des Anleihe-Kaufprogramms, der Euro wertete auf und die Renditen stiegen an. Die Inflationsrate sei niedrig und wird dies wohl auch bleiben. Daher gibt es laut EZB-Chef auch noch keinen Termin, wann die EZB das Programm überdenken möchte. Das kann ich nur schwer glauben! Ich vermute, die EZB ist sich bereits jetzt einig das Programm im September zu verlängern - dann aber bitte mit einem geringeren monatlichen Kaufvolumen."

Friedrich Heinemann, ZEW-Institut: "Die Weigerung der EZB, ein allmähliches Auslaufen der Wertpapierkäufe auch nur kommunikativ vorzubereiten, wirkt zunehmend dogmatisch. Die Kreditversorgung der Unternehmen hat sich spürbar verbessert, der Konjunkturaufschwung in der Euro-Zone gewinnt an Breite und die Kern-Inflationsrate klettert. In diesem Umfeld ist die sehr aggressive Kombination aus Negativzinsen und Wertpapierkäufen geldpolitisch nicht mehr rational. Durch ihre Schweigsamkeit zu den Exit-Plänen für Anleihekäufe und Negativzinsen riskiert die EZB zunehmend, dass sie die Märkte nicht mehr rechtzeitig auf die im nächsten Jahr unverzichtbare geldpolitische Wende vorbereiten kann. Der EZB-Rat darf daher die nächste Chance für eine Neuausrichtung der Kommunikation in der Sitzung am 7. September nicht ungenutzt verstreichen lassen."

Quelle: ntv.de, wne/DJ/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen