Wirtschaft

Eigentor des Weltmarktführers Boeing schenkt Airbus ein neues Flugzeug

Airbus-Chef Tom Enders kann offenbar kaum begreifen, wie günstig er an ein neues, marktreifes Modell gekommen ist, das in der Produktpalette des eigenen Konzerns noch fehlt.

Airbus-Chef Tom Enders kann offenbar kaum begreifen, wie günstig er an ein neues, marktreifes Modell gekommen ist, das in der Produktpalette des eigenen Konzerns noch fehlt.

(Foto: REUTERS)

Seit Jahren versucht Boeing, den kanadischen Flugzeugbauer Bombardier vom US-Markt fernzuhalten. Der Weltmarktführer hat den kleinen, aber lästigen Konkurrenten fast erledigt. Doch dank Airbus wird der Erfolg für Boeing zur Niederlage.

Was Airbus-Chef Tom Enders am diesem Morgen auf dem Rollfeld des Airbus-Werks in Toulouse verkündet, hört sich fast zu gut an, um wahr zu sein: Sein Konzern bekommt ein neues, von Experten hochgelobtes Flugzeugmodell für ein wachsendes Marktsegment, in dem das eigene Unternehmen noch nichts zu bieten hat. Noch dazu zielt es vor allem auf den US-Markt, die Heimat des Erzrivalen Boeing.

Was kostet Airbus der 50,01-Prozent-Anteil an der C-Serie des kanadischen Herstellers Bombardier? Nichts! Airbus verpflichtet sich lediglich, mit seinem etablierten Netzwerk Verkauf, Marketing, Einkauf und Kundenservice für die kleinen Regionalflugzeuge zu übernehmen und eine neue Produktionslinie im seinem US-Werk in Alabama einzurichten. Airbus muss keinen Kaufpreis entrichten und sich auch nicht an den Schulden von Bombardiers Flugzeugsparte oder den Milliardenkosten für die Entwicklung der C-Serie beteiligen.

Zu verdanken hat Airbus diesen unglaublich scheinenden Deal seinem ärgsten Konkurrenten, Boeing. Mit seinen Bemühungen, Bombardier als neuen Wettbewerber vom Eintritt in den US-Markt abzuhalten, trieb Boeing die Kanadier letztlich in die Arme von Airbus.

Aus Furcht, der bisherige Nischenanbieter Bombardier könne dank großzügiger Unterstützung des kanadischen Staats zum "zweiten Airbus" werden, hintertrieb Boeing bislang erfolgreich die Versuche, die C-Serie in großem Stil an US-amerikanische Airlines zu verkaufen. Einem Deal mit United Airlines kam Boeing im vergangenen Jahr etwa mit einem Rabatt von 70 Prozent auf die eigenen Flugzeuge zuvor. Um eine Pleite abzuwenden, hatte bereits 2015 die Regionalregierung von Québec knapp 50 Prozent der Anteile an der C-Serie übernommen.

Strafzoll läuft bei Airbus ins Leere

Vor wenigen Tagen sah es so aus, als sei Boeing am Ziel und Bombardier mit seinem Hoffnungsträger endgültig gescheitert. Delta Airlines, die mit einer Bestellung von 75 C-100-Jets und Optionen auf 50 weitere Maschinen für den Durchbruch des Regionalflugzeugs in den USA und darüber hinaus sorgen sollten, gaben bekannt, dass der Kauf vorerst nicht zustande kommen werde. Denn auf eine Beschwerde von Boeing hin wegen mutmaßlich illegaler Subventionen hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump die kanadischen Flugzeuge mit Strafzöllen von insgesamt fast 300 Prozent belegt, und damit unwirtschaftlich für den US-Markt gemacht.

Nach jahrelangen, teuren Verkaufsbemühungen und explodierenden Entwicklungskosten hätte der inzwischen hochverschuldete Bombardier-Konzern seinen Hoffnungsträger C-Serie wohl bald beerdigen müssen. Doch im Bemühen, wenigstens einen Großteil der Arbeitsplätze zu erhalten und einen Teil der Milliardenausgaben wieder einzuspielen, waren Bombardier und Quebec zu einem Deal bereit, mit dem Boeing offenbar nicht gerechnet hatte: Sie gaben die Mehrheit an der C-Serie einfach an Boeings ärgsten Rivalen ab.

Airbus' Chancen, das neue Flugzeug auf dem US-Markt zu etablieren und Boeing signifikante Marktanteile abzunehmen, sind ungleich größer als die von Bombardier. Der europäische Konzern hat nicht nur bereits enge Kundenbeziehungen zu allen großen Fluggesellschaften. Vor allem auch kann er den 300-Prozent-Einfuhrzoll einfach umgehen: Die Endmontage der für den US-Markt bestimmten C-100 will Airbus künftig in seinem Werk in Alabama durchführen.

Quelle: ntv.de

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