Wirtschaft

Wer baut die neue "Air Force One"? Donald Trump attackiert Boeing

Noch ist Donald Trump nicht US-Präsident. Doch mit einem neuen Ausbruch auf Twitter zeigt der Immobilienunternehmer schon jetzt, auf welchen Verhandlungsstil sich US-Unternehmen bei der Vergabe von Staatsaufträgen einstellen müssen.

Der US-Flugzeughersteller Boeing ist ins Visier des künftigen US-Präsidenten Donald Trump geraten. Obwohl der Konzern erst kürzlich den offiziellen Zuschlag für den Bau einer neuen US-Präsidentenmaschine erhalten hat, droht Trump nun mit der Stornierung des Auftrags.

"Boeing baut eine brandneue 747 Air Force One für künftige Präsidenten, aber die Kosten sind außer Kontrolle, mehr als vier Milliarden Dollar", twitterte der designierte US-Präsident. "Streicht die Order!". Beim Eintreffen im Trump Tower in New York sagte Trump Reportern: "Wir wollen, dass Boeing viel Geld verdient - aber nicht so viel Geld." Der Preis sei lächerlich.

Während des Wahlkampfes flog der Milliardär mit einem eigenen Jet vom Typ Boeing 757, den er vollmundig mit dem Schriftzug "Trump Force One" lackieren ließ. US-Medien spekulierten nach der Twitter-Attacke auf Boeing, dass der New Yorker Immobilienmogul es als Präsident vorziehen könnte, weiterhin seinen Privatjet zu nutzen. Der Secret Service, der in den USA für den Schutz der Staatsspitze zuständig, dürfte dagegen allerdings Einwände erheben.

Baukosten "Top Secret"?

Unklar blieb, ob Trump mit seinem offenbar unbedachten Tweet aus Versehen ein Staatsgeheimnis ausgeplaudert hat. Die Präsidentenmaschinen sind Sonderanfertigungen, die mit umfangreicher Spezialtechnik ausgestattet sind. Darunter befindet sich auch abgeschirmte Kommunikationselektronik, die dem Präsidenten im Ernstfall die volle Befehlsgewalt über die Streitkräfte sichern soll. Technische Details dazu sind seit jeher "Top Secret".

Das Pentagon hatte Boeing im Januar mit dem Bau der neuen "Air Force One" beauftragt. Allerdings hatte der Airbus-Rivale dabei zunächst nur einen Anfangsvertrag erhalten. Damit sollte ein Plan ausgearbeitet werden, hieß es, der zeige, wie die Maschinen im vorgesehenen Kostenrahmen allen Anforderungen entsprechen können.

Bei Boeing zeigte man sich ob der Trump-Kritik zunächst perplex und erbat sich Bedenkzeit. Später veröffentlichte der Konzern dann eine Stellungnahme, in der der bislang mit der Regierung vereinbarte Vertragswert für die Planung der neuen "Air Force One"-Maschinen mit 170 Millionen Dollar (159 Millionen Euro) angegeben wird. Es gehe zunächst darum herauszufinden, wie die besten Flugzeuge für den Präsidenten und zugleich der beste Nutzen für die US-Steuerzahler erreicht werden könnten, heißt es in der Boeing-Mitteilung.

Symbolträchtige Flugbereitschaft

Es blieb zunächst unklar, auf welche Quellen sich Trumps Preisangabe bezieht. Denkbar wäre, dass der designierte US-Präsident bei den Vorbereitungen auf seinen Amtsantritt im Januar auch Einblick in die laufende Budgetplanung zum Bau der neuen "Air Force One" bekam. Die US-Regierung hatte den Finanzrahmen des Programms zur Entwicklung und zum Bau der neuen Maschinen mit etwas mehr als drei Milliarden Dollar angegeben.

Fliegendes Symbol der US-Außenpolitik: "Air Force One" im Anflug auf Havana.

Fliegendes Symbol der US-Außenpolitik: "Air Force One" im Anflug auf Havana.

(Foto: REUTERS)

Die US-Luftwaffe, die in den USA traditionell die Flugbereitschaft für das Staatsoberhaupt stellt, hatte im Januar angekündigt, die gegenwärtigen beiden "Air Force One"-Flugzeuge durch zwei neue 747-8 von Boeing ersetzen zu wollen. Genaue Einzelheiten zu den Gesamtkosten waren bislang nicht bekannt. Die US Air Force erklärte zuletzt, für die beiden neuen Maschinen jeweils 1,65 Milliarden Dollar eingeplant zu haben.

"Airbus One" statt "Air Force One"?

Sollte der Kauf scheitern, so blieben kaum Alternativen. Nach Einschätzung von Marktbeobachtern käme für das komplexe Projekt sonst nur Airbus infrage, aber ein Auftrag von solchem nationalen Sicherheitsinteresse dürfte kaum an den europäischen Konkurrenten gehen. Ob Trump selbst die neuen Flugzeuge jemals nutzen können wird, ist ungewiss, da das Pentagon frühestens 2023 mit ihnen plant. Das wäre zum Ende einer zweiten Amtszeit als Präsident. Trump soll am 20. Januar verteidigt werden.

Die Bezeichnung "Air Force One" bezieht sich eigentlich nur auf den Funkrufnamen, mit denen im US-Luftverkehr eine Maschine mit dem Präsidenten an Bord benannt wird. Der Name kann im Prinzip auf jedes Flugzeug übergehen, das den "Commander in Chief" transportiert. Im engeren Sinn sind damit jedoch die beiden speziell für den Präsidententransport ausgerüsteten Jumbos vom Typ 747-200B gemeint. Stationiert sind die beiden Maschinen auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews südöstlich der US-Hauptstadt Washington, D.C.

Vollausgestattete Kommandozentrale

Komfort, Befehlsgewalt und Sicherheit mit vier Triebwerken und theoretisch unbegrenzter Reichweite: Die beiden Jumbojets der US-Flugbereitschaft tragen das Amtssiegel des Präsidenten.

Komfort, Befehlsgewalt und Sicherheit mit vier Triebwerken und theoretisch unbegrenzter Reichweite: Die beiden Jumbojets der US-Flugbereitschaft tragen das Amtssiegel des Präsidenten.

(Foto: REUTERS)

Die beiden neuen Jumbojets vom Typ 747-8 sollen die alternden Jumbos ablösen, die den Präsidenten seit den frühen 1990er Jahren um die Welt fliegen. Mit dem Preis für eine 747-8 aus der regulären Serienfertigung bei Boeing sind die Baukosten für die künftigen Präsidentenmaschinen nicht zu vergleichen: Die speziell ausgerüsteten Langstreckenjets beherbergen im Inneren auf drei Etagen unter anderem einen Konferenzraum, Büro-Arbeitsplätze, eine vollausgestattete Mini-Klinik samt Operationsraum, eine Präsidenten-Suite mit Bad und Schlafzimmern sowie genügend Komfort, um dem US-Präsidenten und seinem Tross aus Mitarbeitern, Begleitern und Personenschützern das Leben auf Reisen zu erleichtern.

Abgesehen von der aufwändigen Sonderausstattung in der Kabine lassen sich die Maschinen wie Militärjets in der Luft betanken. Zahlreiche Komponenten der Präsidentenmaschine dürften von hochspezialisierten Rüstungskonzernen kommen. Für den Gesamtpreis wäre damit nicht Boeing, sondern eher das Pentagon mit seiner umfangreichen Liste an Spezialanforderungen verantwortlich.

Mit der Fähigkeit der Luftbetankung lässt sich die Reichweite theoretisch nahezu unbegrenzt ausdehnen. Die Jets mit der Sonderlackierung und dem Schriftzug "United States of America" zählt zu den prestigeträchtigsten Aushängeschildern der US-Außenpolitik. "Air Force One ist eines der wichtigsten Symbole der US-Präsidentschaft", heißt es dazu im Weißen Haus.

Militärische Sonderausstattung

Im Ernstfall verwandeln sich die Präsidentenmaschinen zu einer fliegenden Kommandobasis des US-Oberbefehlshabers. An Bord befinden sich zu diesem Zweck zahlreiche hochgeheime Systeme - darunter auch elektronisch abgesicherte Kommunikationseinrichtungen und Schutzsysteme zur Raketenabwehr. Die Integration dieser militärischen Gerätschaften in eine Rumpfkonstruktion aus ziviler Produktion dürfte den Preis erheblich nach oben treiben.

Der US-Flugzeugbauer wollte sich zunächst nicht zu den Preisvorstellungen des künftigen US-Präsidenten Trump äußern. Sollte Boeing den prestigeträchtigen Auftrag tatsächlich verlieren, wäre das in den Augen von Analysten ein empfindlicher Rückschlag. Der fragliche Trump-Tweet erreichte die Öffentlichkeit vor dem Handelsstart in New York. Dort fiel die Boeing-Aktie im vorbörslichen Handel um rund ein Prozent ins Minus. Nach dem Handelsstart erholte sich der Kurs, blieb aber weiterhin hinter dem Gesamtmarkt zurück.

Vor der für einen designierten US-Präsidenten äußerst ungewöhnlichen Verbalattacke auf Boeing hatte Trump sich bereits andere US-Konzerne vorgeknöpft. Mit dem Klimaanlagenhersteller Carrier traf er nach andauernder Kritik persönlich eine Vereinbarung, im Gegenzug für Steuernachlässe auf die Verlagerung von Jobs nach Mexiko zu verzichten. Später drohte Trump Unternehmen generell, es werde nicht ohne "Konsequenzen" bleiben, die USA zu verlassen. Den Autobauer Ford will Trump überzeugt haben, ein Werk in den USA zu belassen. Das Unternehmen hatte jedoch nie Pläne für eine Verlagerung ins Ausland angekündigt.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen