Wirtschaft

Übernahme von Air Berlin Lufthansa muss die Preise erhöhen

Lufthansa-Chef Carsten Spohr übernimmt die Filetstücke von Air Berlin. Für die Passagiere bedeutet das höhere Ticketpreise.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr übernimmt die Filetstücke von Air Berlin. Für die Passagiere bedeutet das höhere Ticketpreise.

(Foto: picture alliance / Arne Dedert/d)

Carsten Spohr verkauft die Air-Berlin-Übernahme als Sieg. Doch der Lufthansa-Chef kann den Kauf von rund 80 Pleite-Fliegern nur auf einem Weg zum finanziellen Erfolg machen: höhere Ticketpreise - und niedrigere Gehälter für Piloten.

Im Jubel um die Rettung tausender Arbeitsplätze bei der Übernahme von Air Berlin durch Lufthansa geht eine harte ökonomische Wahrheit über den Deal unter: Finanziell lohnt er sich für die Lufthansa kaum. Lufthansa-Chef Carsten Spohr geht es vor allem darum, Konkurrenz auszuschalten. Und den Weg für höhere Preise freizumachen.

Selbst Spohr schließt sie auf einzelnen Strecken laut "Handelsblatt" nicht aus und dementiert auch sonst nur halbherzig: "Der Wettbewerb wird sich in Europa und auch weltweit verschärfen", sagte er der "Rheinischen Post". "Wir gehen von weiter sinkenden Preisen aus." Im Konzern werde man sich nun "mit der Tochter Eurowings selbst Konkurrenz machen".

Bei Kartellwächtern sorgt diese Beschönigung für Belustigung. "Das ist ein netter Versuch, die Wettbewerbsprobleme kleinzureden", sagte der ehemalige Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer. Denn auf Strecken, wo es bisher nur Lufthansa und Air Berlin gab, wie zwischen München und Köln, wird die Kranich-Airline zum Monopolisten. Die EU-Kommission werde den Deal daher genau prüfen, sagte Luftverkehrsberater Gerald Wissel.

Vieles spricht für steigende Preise

"Der Lufthansa geht es vorrangig um die Verdrängung von Wettbewerbern", sagt auch Sven Diermeier vom Analysehaus Independent Research zu n-tv.de. "Wo ihre Flugzeuge stehen, kann die Konkurrenz ihre Maschinen nicht platzieren. Ich rechne daher auf einzelnen Strecken mit steigenden Preisen, auch wenn der Wettbewerb hart bleiben wird."

Nicht nur die künftige Marktmacht, auch die ökonomischen Zwänge bei der Lufthansa sprechen für teurere Tickets. 210 Millionen Euro zahlt Spohr für die Übernahme der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki und des Regionalfliegers LGW mit allen 1300 Angestellten sowie 20 weitere Air-Berlin-Jets. Für insgesamt mehrere tausend Mitarbeiter der Air Berlin soll es so "Perspektiven" für einen Job bei Lufthansa geben.

Das ergibt nur Sinn, wenn das zusätzliche Personal seine Kosten verdient - also wenn die ehemaligen Air-Berlin-Strecken, die die Tausenden neuen Mitarbeiter nun für Lufthansa betreiben, profitabler werden. Bisher sind viele es kaum oder gar nicht: Sonst hätte Air Berlin nicht jahrelang gigantische Verluste eingeflogen und wäre pleitegegangen.

Mehr Gewinn abwerfen werden die Strecken nur, wenn Spohr entweder die Kosten senkt, indem er die Gehälter drückt. Oder wenn er die Einnahmen durch höhere Ticketpreise steigert. Alles hängt davon ab, ob es dem Lufthansa-Chef gelingt, die bessere Kostenstruktur seines Konzerns auf die Air-Berlin-Flieger zu übertragen - oder ob sich Lufthansa mit dem Deal die unrentablen Kosten von Air Berlin aufhalst.

Teurere Tickets, niedrigere Gehälter

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"Profitabel werden die Strecken vorrangig durch höhere Preise. Das Potenzial, bei der Übernahme Personalkosten zu senken, halte ich für begrenzt", sagt Diermeier. Zu welchen Konditionen die Piloten und das Kabinenpersonal von Air Berlin übernommen werden und welcher Tarifvertrag gelten soll, wollte Lufthansa auf Anfrage von n-tv.de nicht sagen. Sicher ist nur, dass sie zum Billigflieger Eurowings kommen. Dort drohen den Piloten laut der Vereinigung Cockpit (VC) Gehaltsabschläge von bis zu 40 Prozent im Vergleich zu den Tarifverträgen bei Air Berlin.  

Offenbar soll mit jedem Piloten einzeln verhandelt werden. Die Gewerkschaft scharrt deshalb bereits mit den Hufen. "Man will nicht nur die Flugzeuge, sondern auch das Personal zum Schnäppchenpreis. Das finde ich eine Sauerei", sagt VC-Sprecher Markus Wahl zu n-tv.de. "Es kann nicht sein, dass sich die Air-Berlin-Piloten neu auf ihre eigenen Jobs bewerben müssen. Das führt nur zu Rosinenpickerei." VC fordert daher sofortige Gespräche mit Lufthansa über einen geregelten Übergang der Air-Berlin-Piloten und eine tarifvertragliche Anbindung.

Erst vor zwei Tagen hat Lufthansa nach jahrelangem Hickhack und mehr als einem Dutzend Streiks mit der Piloten-Gewerkschaft einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen. An neuem Streit dürfte Lufthansa-Chef Spohr also wenig liegen. Zumal die Integration der Flugzeuge und Crews laut Spohr "bis zu einem Jahr dauern" könnte.

Schleichende Preiserhöhungen sind der viel einfachere Weg, die Air-Berlin-Übernahme zum Erfolg zu machen. Zumal die Lufthansa sie diskret vertuschen kann: über höhere Kerosinzuschläge, Gepäck- und Umbuchungsgebühren oder weniger flexible Tickets. Auch der Tarifvertrag mit den Piloten oder die Flughafengebühren bieten sich als Sündenbock an. Wenn die Passagiere den Anstieg überhaupt bemerken: Die meisten werden die Preise kaum mit denen von vor einem Jahr vergleichen. Die Investoren freuen sich bereits aufs Abkassieren: Die Lufthansa-Aktie kletterte nach Bekanntgabe der Air-Berlin-Übernahme auf den höchsten Stand seit 17 Jahren.

Quelle: ntv.de

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