Wirtschaft

Verwirrspiel um Nafta Trump probt Rückwärtsrolle bei Handelsdeal

Bekenntnis zu Nafta: Ist das der gezähmte Donald Trump?

Bekenntnis zu Nafta: Ist das der gezähmte Donald Trump?

(Foto: REUTERS)

Für Trump sind alle Handelsabkommen der USA die "schlechtesten Deals aller Zeiten". Gestoppt hat er bislang aber nur das Pazifik-Abkommen, Nafta wird neu verhandelt. Selbst ein Deal mit Europa scheint inzwischen wieder möglich.

Ein "Job-Killer" und der "schlechteste Handelsdeal aller Zeiten" sei Nafta, tönte Donald Trump noch kürzlich. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen sei für ihn der Hauptgrund gewesen, US-Präsident zu werden. Noch vor 24 Stunden sah es so aus, als sei der Deal mit Kanada und Mexiko nicht mehr zu retten. Trump stand offenbar kurz davor, ein Dekret über den Ausstieg aus Nafta zu unterzeichnen. Er hätte sein Wahlkampfversprechen pünktlich nach 100 Tagen im Amt eingelöst.

Doch nur Stunden später teilte das Weiße Haus mit: "Präsident Trump ist damit einverstanden, Nafta derzeit nicht zu beenden." Es gebe Nachverhandlungen, um das Abkommen "auf die Höhe der Zeit zu bringen", wie Trump es formulierte. Alle seien sich einig, der Vertrag müsse mindestens überarbeitet werden, "weil sich alle drei Volkswirtschaften seit den 90er Jahren dramatisch verändert haben". Es ist eine bemerkenswerte 180-Grad-Wendung.

Ob Trumps Rückwärtsrolle ernst gemeint oder Show ist, um den Handelspartnern gegenüber Stärke zu demonstrieren, lässt sich kaum sagen. Dass Trump vor radikaleren Schritten nicht zurückschreckt, hat er bereits bewiesen. Kurz nach seinem Amtsantritt kündigte er das Transpazifische Freihandelsabkommen. TPP war erst im vergangenen Jahr von zwölf Pazifik-Anrainern - die für rund 40 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung stehen - unterzeichnet worden.

Andererseits könnte die Nafta-Drohung auch Taktik gewesen sein. Das würde beweisen, dass Trump hohe Einsätze nicht scheut, um Konzessionen zu erzwingen: Denn dann hätte er ohne mit der Wimper zu zucken riskiert, zwei seiner wichtigsten Handelspartner zu brüskieren. Nafta, das 1994 von US-Präsident Bill Clinton unterzeichnet wurde, ist einer der weltweit umfangreichsten Handelsverträge. Es gilt als Erfolgsmodell. Der Binnenmarkt umfasst 444 Millionen Menschen und verfügt über eine gemeinsame Wirtschaftsleistung von rund 17 Billionen US-Dollar. Der trilaterale Handel beträgt fast eine Billion US-Dollar. Außerdem hängen Jobs von 14 Millionen Amerikanern an diesem Abkommen. Für Trump war das offenbar zweitrangig.

"Pass auf!"

Mexiko hat der US-Präsident schon lange auf dem Schirm. Der südliche Nachbarstaat ist für ihn vor allem ein Job-Killer. Aber auch Kanada ist der US-Administration zuletzt zunehmend ein Dorn im Auge gewesen. Das Land ist nach China der wichtigste Handelspartner der USA. Doch im vergangenen Jahr lag das US-Defizit bei mehr als elf Milliarden Dollar. Deshalb zettelte der US-Präsident auch mit dem Nachbarn im Norden einen Handelskrieg an. Wegen angeblich unzulässiger Subventionen für die kanadische Holzwirtschaft hat Trump Strafzölle von 20 Prozent erlassen.

Auch bei Milchprodukten gibt es Streit. Die US-Milchindustrie wirft Kanada vor, immer mehr billige Milch in die USA zu exportieren. Gleichzeitig blockiere Kanada die Einfuhr von US-Milch. "Kanada hat das Geschäft für unsere Milchbauern in Wisconsin und anderen Grenzstaaten sehr schwer gemacht", twitterte Trump Anfang der Woche. "Wir werden das nicht hinnehmen. Passt auf!", warnte er.

Was den Milchbauern sicherlich nicht helfen würde, wäre ein unüberlegter Rückzug aus Nafta. Für die US-Landwirte, die vor allem im großen Stil Milchprodukte nach Mexiko ausführen, ist das Abkommen aus der Clinton-Ära ein Segen. Sollte nur Mexiko aus Nafta aussteigen, würde "es vielleicht Hälfte unserer Milcherzeuger über Nacht auslöschen", warnte der demokratische Abgeordnete und Freihandelsbefürworter Ron Kind bei "Politico".

Angeblich sprachen sich gleich mehrere einflussreiche Republikaner gegen Trumps Kollisionskurs gegenüber den Nafta-Partnern aus. Einer von ihnen, Senator John McCain aus Arizona, warnte vor den "schlimmstmöglichen Auswirkungen" auf seinen Staat. Neuverhandlungen würde er begrüßen, weil sehr viel Zeit vergangen sei. Aber ein Aufkündigen des Abkommens wäre "skandalös, eine Katastrophe".

Neue Chance für TTIP?

Nun gibt es zunächst einmal Entwarnung. Möglicherweise sind Trumps Drohungen, Handelsverträge zu beenden, doch nicht so ernst gemeint, wie sie noch im Wahlkampf klangen. Mittlerweile signalisieren die USA sogar wieder Bereitschaft, über ein europäisches Freihandelsabkommen zu verhandeln. Laut britischer "Times" wächst sogar die Einsicht, dass es mehr im Interesse der USA liege, einen Handelsdeal mit der EU als mit Großbritannien zu schließen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel habe Trump davon überzeugt, dass ein Abkommen mit der EU auch leichter zu erreichen sei, als dieser bislang angenommen habe, berichtete die Zeitung. Trumps wiederholten Wunsch, allein mit Deutschland ins Geschäft zu kommen, habe Merkel bei ihrem Besuch in Washington mit den Worten pariert, ein solches Handelsabkommen könne nur mit der EU vereinbart werden.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bestätigte bei dem Treffen der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in Washington, er sehe Anzeichen für eine Entspannung im Streit mit der neuen US-Regierung über Abschottung und Freihandel. Insgesamt weckt das Hoffnungen, dass auch TTIP  wiederauferstehen könnte. Die Zeichen stehen zurzeit zumindest nicht auf "Handelskrieg". Vorsicht ist dennoch geboten: Denn so gemäßigt Trump momentan daherkommt, es gibt auch deutlich protektionistischere Töne in der Regierung. Das letzte Wort ist also - auch bei Nafta - noch nicht gesprochen.

Quelle: ntv.de

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