Wirtschaft

Neue Ramsch-Anleihe Argentinien will Geld für 100 Jahre

Argentiniens Finanzminister Luis Caputo.

Argentiniens Finanzminister Luis Caputo.

(Foto: REUTERS)

Wegen der Niedrigzinsen suchen Investoren händeringend nach höheren Renditechancen. Daher stürzen sich Anleger auf die neue 100-jährige Dollar-Anleihe aus Argentinien. Die Risiken werden ausgeblendet.

Partystimmung herrscht bei der argentinischen Regierung um Präsident Mauricio Macri und Finanzminister Luis Caputo. Etwas mehr als ein Jahr nach der Rückkehr an den Kapitalmarkt emittiert das Land eine 100-jährige Anleihe im Volumen von 2,75 Milliarden Dollar mit einem Kupon von lediglich 7,125 Prozent.

Da die Papiere zu 90 Prozent verkauft worden sind, lag die Rendite bei 7,92 Prozent. Die Emission war mit 9,75 Milliarden Dollar stark überzeichnet. Dabei hat die Ausgabe des Papiers viele Investoren ziemlich überrascht, hatte Caputo doch gesagt, dass Argentinien den Rest seines Finanzbedarfs in Nicht-Dollar-Währungen decken werde, nachdem das Land im Januar 2017 für sieben Milliarden Dollar-Anleihen verkauft hatte.

Nun hat Caputo das geplante Emissionsvolumen in ausländischer Währung für dieses Jahr von umgerechnet 10 Milliarden auf 12,75 Milliarden Dollar sogar aufgestockt, wovon noch 2,6 Milliarden übrigbleiben. Mit dem Geld finanziert das Land einen Teil seines diesjährigen Haushaltsdefizits, das bei hohen 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen soll.

Verlockende Zinsen

Zwar erscheint der Zins auf den ersten Blick hoch, vor allem wenn man bedenkt, dass die Zinsen für 30-jährige US-Anleihen derzeit bei lediglich 2,77 Prozent liegen. Von den USA sind derzeit keine 50- oder 100-jährigen Anleihen im Umlauf, allerdings denkt Finanzminister Steven Mnuchin darüber nach, welche zu emittieren.

Offensichtlich sind Macri und Caputo der Überzeugung, dass sie angesichts der vielen Pleiten Argentiniens kaum jemals wieder zu so niedrigen Zinsen ultralanglaufende Papiere werden verkaufen können. Dabei liegt das Rating Argentiniens bei allen drei Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch tief im Bereich Ramschanleihen, weshalb das Papier eine hochspekulative Anlage ist.

Immerhin kam es in den vergangenen 200 Jahren sieben Mal zu einem Zahlungsausfall bei argentinischen Anleihen. Nachdem das Land seit 2001 nach einem Zahlungsausfall bei Papieren im Volumen von beinahe 100 Milliarden Dollar 15 Jahre lang vom weltweiten Kapitalmarkt ausgeschlossen war, gelang erst im April 2016 die Rückkehr durch die Emission einer Milliardenschweren Dollar-Anleihe.

Hohe Inflation

Investoren, die bei den neuen Papieren zugreifen, blenden die Risiken aus, und setzen darauf, dass Macri seine wirtschaftsfreundliche Politik weiter umsetzen kann und sich die Wirtschaft erholt. Dabei hat Argentinien weiterhin enorme Probleme. Zwar ist die Inflationsrate zuletzt gesunken, mit 24 Prozent war sie im Mai aber immer noch auf einem extrem hohen Niveau. Die Notenbank steuert mit Leitzinsen von herben 26,25 Prozent dagegen.

Gleichzeitig bekommt das wirtschaftlich drittstärkste Land Lateinamerikas die Rezession in Brasilien, Argentiniens wichtigstem Handelspartner, weiter zu spüren. Umso genauer werden sich Investoren die Zahlen zum Wirtschaftswachstum Argentiniens für das erste Quartal anschauen, die am 21. Juni veröffentlicht werden. Bemerkenswert ist, dass der argentinische Peso trotz der Konjunkturbelebung mit Kursen von um die 16,10 Peso je Dollar in die Nähe des Rekordtiefs gesunken ist. Sollte der Trend anhalten, würde das die Inflation anheizen.

Die Käufer der 100-jährigen Anleihen gehen auf Sicht weniger Jahre ein hohes Risiko ein. Möglicherweise entwickelt sich die argentinische Wirtschaft nicht so gut, wie derzeit viele Investoren in ihrer Macri-"Euphorie" einpreisen. Ein weiterer Risikofaktor bleibt zudem die Geldpolitik in den USA. Sollte die Fed die Zinsen weiter erhöhen, könnten Investoren allmählich Geld aus Anleihen aus den Emerging Markets in US-Anleihen umschichten. In dem Umfeld könnten die argentinischen Anleihen viel schneller unter Druck kommen, als derzeit viele Investoren erwarten.

Quelle: ntv.de

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