Wirtschaft

Kryptogeld-Fieber Bitcoin klettert in riskante Höhen

Seit Jahresbeginn steigerte die Kryptowährung ihren Wert in US-Dollar um rund 350 Prozent. Daran konnte auch die Abspaltung von Bitcoin Cash Anfang August nichts ändern.

Seit Jahresbeginn steigerte die Kryptowährung ihren Wert in US-Dollar um rund 350 Prozent. Daran konnte auch die Abspaltung von Bitcoin Cash Anfang August nichts ändern.

(Foto: REUTERS)

Anfang August knackt der Bitcoin die 3000-Dollar-Marke. Kaum zwei Wochen später kostet die Digitalwährung bereits 4000 Dollar. Ist der Crash programmiert? Was hinter der Rally steckt.

Noch vor wenigen Wochen herrschte große Aufregung wegen der möglichen Aufspaltung des Bitcoin. Die Kryptowährung büßte einen Viertel ihres Wertes ein. Inzwischen scheinen alle Sorgen verflogen. Der befürchtete Split ist vollzogen und die Anleger, die gerade noch auf der Flucht waren, kehren in Scharen zurück.

Bitcoin
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Ein Bitcoin kostet mittlerweile über 4000 Dollar. Binnen eines Monats hat sich der Kurs damit verdoppelt, seit Jahresbeginn hat er sich vervierfacht. Mit herkömmlichen Geldanlagen hat das nichts mehr zu tun. Die bestgelaufene Aktie im deutschen Börsen-Leitindex Dax - die Lufthansa - legte im gleichen Zeitraum "lediglich" knapp 60 Prozent zu. Der Dax schaffte im Vergleich sogar nur klägliche viereinhalb Prozent. Ist so eine Kursentwicklung noch gesund oder der Crash jetzt erst recht programmiert?

Markus Miller, Geschäftsführer und Betreiber der Plattform Geopolitical.biz beobachtet den Hype mit gemischten Gefühlen. Zumindest ein kleiner Teil der der jüngsten Rally seit dem 1. August, als der Split vollzogen wurde, geht für ihn aufs der Konto der "Panikmacher", die pauschale und unqualifizierte Warnungen herausposaunten.

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Der Bitcoin ist eine digitale Währung, die vor nicht einmal zehn Jahren entstanden ist. Bitcoins werden in komplizierten Rechenprozessen erzeugt und auf Plattformen im Internet gegen klassische Währungen gehandelt. Das Bitcoin-System nutzt die sogenannte Blockchain-Technologie, eine verschlüsselte Datenbank, in der alle Transaktionen gespeichert werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Währungen unterliegt der Bitcoin keiner Kontrolle durch Staaten oder Notenbanken. Die Kurse können stark schwanken.

Kommentare wie, beim Bitcoin handle es sich lediglich um ein "Schneeballsystem" oder um "heiße Luft" seien wenig hilfreich gewesen, sagt Miller ntv-de. Nur allzu häufig stammten solche Einschätzungen von Vermögensverwaltern und Banken, die die Entwicklung schlicht verschlafen hätten. Die Investoren, die fürchteten, der Bitcoin würde wegen der Aufspaltung ins Bodenlose fallen, würden nun wieder auf den Zug aufspringen.

Für Miller steht fest: Der Split des Bitcoin war eine "wichtige Evolutionsstufe". "Die bisherige Bitcoin-Technologie war nicht mehr wettbewerbsfähig zu den anderen Cryptocoins, die sich am Markt etabliert haben", sagt der Finanzanalyst. Nur so sei der Bitcoin fit für die Zukunft.

Machen Krypto-Kriminelle Kurse?

Das Kursfeuerwerk, das danach einsetzte, lässt aber auch Miller zur Vorsicht raten. Die Risiken auf dem jetzigen Niveau seien enorm. Niemand könne die weitere Entwicklung vorhersagen. "Mich würde es nicht überraschen, wenn der Bitcoin am Jahresende unter 1000 steht. Mich würde es aber auch nicht überraschen, wenn er über 10.000 steht. Niemand kann das prognostizieren." Der Währungsinvestor und Harvard-Professor Dennis Porto berechnete jüngst gar einen Preis von 100.000 US-Dollar in fünf Jahren.

Brisant erscheint die Rally auch vor dem Hintergrund der jüngsten Meldungen über die zahlreichen kriminellen Machenschaften im Zusammenhang mit der Digitalwährung: In Griechenland wird ein Russe festgenommen, der über die Währung mindestens vier Milliarden Dollar gewaschen haben soll. Die Behörden in Thailand beschlagnahmen das Millionenvermögen eines Darknet-Unternehmers, der angeblich Drogen handelte und dessen Vermögen größtenteils aus Bitcoin bestehen soll. Auch aus Marokko gibt es Negativschlagzeilen: In Tanger wird ein unter Betrugsverdacht stehender britischer Bitcoin Händler gefasst.

Ist Bitcoin deshalb eine "Mafia-Währung"? Miller hält auch das für Panikmache. "Geldwäsche gibt es in den unterschiedlichsten Segmenten", stellt der ehemalige Privatbanker fest. "Dass Russen oder die Mafia den Bitcoin zur Geldwäsche nutzen, halte ich für einen Mythos. Sie kaufen und verkaufen Immobilien, investieren in andere Firmen. So funktioniert Geldwäsche."

Markus Miller ist ehemaliger Privatbanker, Finanzanalyst, Gründer des Medien- und Beratungsunternehmens Geopolitical Biz und Buchautor.

Markus Miller ist ehemaliger Privatbanker, Finanzanalyst, Gründer des Medien- und Beratungsunternehmens Geopolitical Biz und Buchautor.

Die von Kritikern geforderte Regulierung gibt es aus Sicht Millers längst. "Auch Schwarzgeld muss erst einmal in Bitcoin transformiert werden. Die Plattformen, auf denen Bitcoins gekauft werden, werden alle überwacht", sagt Miller. Gegen die Gier, die der immer teurere Bitcoin auslöst, könne aber auch ein Mehr an Regulierung nichts ausrichten.

Casino-Mentalität in Asien

Seinen Ursprung hat der Hype vor allem in Asien. Innerhalb von 24 Stunden nach dem Split wurden allein in Japan rund 40 Prozent des Handels registriert, wie Daten des Portals CryptoCompare zeigen. Das liege an der Zockermentalität in Asien, sagt Miller. Die Menschen seien nicht nur dem Bitcoin, sondern grundsätzlich neuen Technologien gegenüber offener als die in Europa. Es gebe auch mehr Aktionäre als in Deutschland. Dass der Hype aus Asien gepusht werde, überrasche letztlich auch deshalb nicht, weil die Entwickler des Bitcoin vermutlich aus Japan stammen.

Also lieber Finger weg? Wegen technologischer Entwicklungen, die man nicht verstehe, krimineller Energien oder Zockertum in Asien Paranoia zu schüren, hält Miller für falsch. Es sei "ein Spiel mit der Angst". Kryptowährungen seien unaufhaltsam auf dem Vormarsch.  

In Österreich können Interessierte seit einem Monat bei 1800 Poststellen Bitcoin, Ethereum, Lightcoin und Dash kaufen. Auf der deutschen Lieblingsinsel Mallorca gibt es zwei Bitcoin-Automaten. In der Schweiz hat mit der Swissquote Bank die erste Bank in Europa ein Bitcoinkonto eingeführt. Nur Deutschland hat noch immer keinen einzigen Bitcoin-Geldautomaten für die Öffentlichkeit.

Für Miller ist es allerdings nur noch eine Frage der Zeit, bis die erste Bank hierzulande - allein aus Marketinggründen - einen Automaten aufstellt. Die Zeit sei reif. Wegen des gigantischen Kursanstiegs beim Bitcoin sei ein "massiver Rückschlag nicht ungewöhnlich". Aber deshalb "pauschal vor einer Zukunftstechnologie zu warnen, die Einzug in unser Leben hält", sei keine sinnvolle Strategie.

Markus Miller ist der Autor von "Die Welt vor dem Geldinfarkt".

Quelle: ntv.de

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