Wirtschaft

12 Milliarden Dollar vernichtet Warum Bitcoin-Anleger die Flucht ergreifen

Aus eins mach zwei: Bitcoins werden möglicherweise aufgespalten.

Aus eins mach zwei: Bitcoins werden möglicherweise aufgespalten.

(Foto: REUTERS)

Der Bitcoin verliert innerhalb eines Monats ein Viertel seines Wertes. Hier platzt keine Blase, wie Skeptiker sagen. Der Crash hat einen anderen Grund: Die Kryptowährung wird erwachsen - und das geht nicht ohne Operation am offenen Herzen.

Die einen sagen, Bitcoin ist das neue Gold. Die anderen halten den Hype um die erste und größte Kryptowährung für die nächste große Blase. Am Mittwoch sackte der Bitcoin-Kurs auf 2257,08 Dollar. Zum 11. Juni, als die Kryptowährung auf Allzeithoch bei 3025,27 Dollar notierte, entspricht das einem Verlust von 25 Prozent. Durch den Crash verlor der Bitcoin damit zwölf Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung.

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Skeptiker fühlen sich bestätigt: "Wenn wir am Markt nach Zeichen einer Übertreibung suchen, schaue ich mir den Chart an, und für mich sieht das ziemlich furchteinflößend aus", sagte Richard Turnill, Chefinvestmentstratege des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock. Auch die Investmentbanker von Goldman Sachs wittern Ungemach. Sie prognostizieren einen Kurssturz auf 1857 Dollar.

Eine Krypto-Blase? Mitnichten.

Andere versuchen jedoch zu mäßigen: "Der Bitcoin-Kurs steht relativ stabil bei 2400 Dollar. Nach einem gigantisch schnellen Anstieg von unter 1000 auf 2800 Dollar halte ich diesen 'Einbruch' für vollkommen normal und eine gesunde Konsolidierung", sagt Markus Miller, Geschäftsführer und Betreiber der Internet-Plattform www.geopolitical.biz gegenüber n-tv.de.

Wenn überhaupt, dürfte Investoren weniger die Sorge vor Übertreibungen, sondern vielmehr das künftige Handelsmuster nervös machen. Viele in der Community beobachten die sogenannte Skalierungsdebatte mit wachsender Sorge. Dabei geht es darum, wie Transaktionen ab dem 1. August schneller abgewickelt werden können.

Was ist eine Blockchain?

Die "Block-Kette" ist eine Art digitales/elektronisches Kassenbuch, in dem alle Transaktionen verzeichnet werden - vergleichbar dem Orderbuch bei Börsentransaktionen, in den alle Einnahmen und Ausgaben dokumentiert werden. Der Unterschied ist: An der Börse braucht man eine Bank für den Wertpapierhandel. Für ein Kassenbuch braucht man auch eine Bank für Ein- und Auszahlungen. Bitcoins dagegen brauchen keine Banken mehr. Die Blockchain ist dezentral und frei von Noten- und Geschäftsbanken. Kurz gesagt: Die Blockchain ist die Bank der kryptografischen Währungen.

Mit seiner steigenden Popularität, vor allem in Japan, ist das Bitcoin-Netzwerk an seine Grenzen gestoßen. Die zugrundeliegende Technik ist erlahmt, Transaktionen dauern inzwischen schlicht zu lange. Und die Konkurrenz schläft nicht: "Der Bitcoin hat in den vergangenen Monaten erhebliche Konkurrenz durch andere digitale Währungen, sogenannter Altcoins oder alternativen Cryptocoins, bekommen. Dash oder Litecoin haben die Bitcoin-Vorteile übernommen und optimiert, was zu mehr Sicherheit und zu schnelleren sowie kostengünstigeren Transaktionen führt. Das setzt den Bitcoin unter Druck, technologisch nachzuziehen", sagt Miller.

Der Platz auf der Blockchain von Bitcoin ist begrenzt. Laut Design kann jeder Block nur etwa 3000 Transaktionen abhandeln. Damit mehr Prozesse gleichzeitig verarbeitet werden können, soll der zugrunde liegende Code deshalb optimiert werden. Die Frage ist nur, wie?

Die Community hat dazu unterschiedliche Ansichten. Grob ist sie in zwei Lager gespalten: Es gibt die Anhänger von Bitcoin Core und die von Bitcoin Unlimited. Die einen wollen nur die Transaktionen optimieren, die anderen die einzelnen Blöcke auf der Blockchain vergrößern.

Vorschlag A und B - Bitcoin mal zwei

Die Entwicklergruppe hinter Bitcoin Core, die den Bitcoin-Code bewacht, will die Blockgröße von einem MB beibehalten. Das Team will die Software so optimieren, dass die Transaktionen kleiner werden. Dafür sollen andere Techniken genutzt werden, die die Kapazität durch eine "Soft Fork" vergrößern können. Der Vorteil besteht darin, dass es zwar ein Update der Software gibt, aber Computer mit alter Software weiter genutzt werden können. Dieser Vorschlag wird "Segregated Witness" oder kurz SegWit genannt.

Den Minern, die Bitcoins schürfen und Transaktionen auf der Blockkette verifizieren und verarbeiten, reicht SegWit nicht. Sie haben ihren eigenen Plan: Bitcoin Unlimited. Hier soll die Größe der "Blöcke" auf zwei MB erweitert werden. Dieser Schritt macht jedoch eine "Hard Fork" notwendig, die eine Unkompatibilität zur Folge hat. Jeder, der die Software nutzt, ist gezwungen, ein Update durchzuführen, wenn er sie weiter nutzen will.

"Harte Gabel" bedeutet auch, dass die Bitcoin-Blockkette in zwei Teile aufgeteilt und jede Person, die Bitcoins hält, die Originalmünze behalten und gleichzeitig neue Münzen in gleicher Menge erhält. In der Theorie sollte die alte Münze jedoch später ihren Wert verlieren und durch die neue ersetzt werden. Praktisch heißt das, Investoren werden zwischenzeitlich die ursprünglichen Bitcoin-Token und die neuen Bitcoin Unlimited gleichzeitig besitzen.

Aus A und B wird Plan C - Schwankungen programmiert

Weil weder Plan A noch Plan B alle überzeugt hat, kursiert mittlerweile ein weiterer Vorschlag, der SegWit2MB genannt wird. Dieser gewinnt in der Community immer mehr an Zuspruch. Der Trick ist, dass gewissemaßen die Vorschläge von Bitcoin Core und Bitcoin Unlimited zusammen führt. Etwa 85 Prozent der Miner, die sich mit ihrer Rechenleistung an der Schöpfung neuer Bitcoin-Einheiten beteiligen, plädieren derzeit für diese Lösung. Es sind folgende Schritte geplant:

  • Sollte die Zahl der Miner im Verlauf der kommenden zwei Wochen auf 95 Prozent ansteigen, wird SegWit sofort aktiviert.
  • Im nächsten Schritt beginnt ein 2MB Hardfork-Countdown, der am 14. Dezember 2017 abläuft.

Ob Plan A, B oder C gezündet wird, entscheidet sich in den kommenden beiden Wochen. Miller rechnet damit, dass zum 1. April SegWit umgesetzt wird. Erst wenn die Mehrheit der Anwender im Bitcoin-Mining-Prozess diese Anwendung bis dahin nicht aktivieren, könnte sich der Bitcoin in zwei unterschiedliche Bitcoins aufspalten. Die Verunsicherung der Anleger wegen der möglichen Splittung der Blockchain hält der Experte für Kryptowährungen dabei für unbegründet, "weil der Bitcoin in diesem Fall auf beide Blockchains kopiert wird".

Langfristig sei die Optimierung des Netzwerkes richtig für den Bitcoin, sagt Miller. Die Transaktionsgeschwindigkeit des Bitcoin werde dadurch erheblich erhöht. Außerdem "werden die Transaktionskosten deutlich gesenkt. Das stärkt die Zukunftsfähigkeit des Bitcoin ganz grundsätzlich auch gegenüber der zunehmenden Konkurrenz der Altcoins".

Kinderkrankheiten können dennoch nicht ausgeschlossen werden. Der anstehende Schritt wird im optimalen Fall die Probleme lösen, aber kurzfristig steigen auch die Unsicherheiten, wie Mati Greenspan, Analyst bei der Social-Trading-Plattform eToro, sagt. Grund genug für Anleger, das Pulver trocken zu halten.

Quelle: ntv.de

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