Wirtschaft

Industrie verliert an Tempo Das Wachstum wird langsamer

Noch läuft es in der Industrie: Doch die Bücher füllen sich langsamer.

Noch läuft es in der Industrie: Doch die Bücher füllen sich langsamer.

(Foto: picture alliance / Julian Strate)

Die Wirtschaftsdaten der deutschen Industrie kratzen zunehmend am Bild eines scheinbar nie endenden Aufschwungs. Die Betriebe sammeln weniger Aufträge ein. Die Kapazitäten unter Volllast begrenzen das Wachstum. Über die Folgen sind Ökonomen uneins.

Die deutsche Industrie hat in den vergangenen Monaten an Schwung verloren - bleibt aber auf einem hohen Niveau. Dennoch mehren sich die warnenden Stimmen. Nach dem niedrigeren Auftragseingang vermeldet die Industrie auch eine gesunkene Produktion. Das Bild eines schwächeren Starts ins Jahr komplettieren die Daten der Exporteure. Die Commerzbank spricht inzwischen von einer "ausgeprägten Schwächephase". Die ING-Bank-Ökonom sieht die deutsche Wirtschaft sogar "vor größeren Schwierigkeiten steht als bisher angenommen".

Deutschlands Exporteure melden für April im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Prozent gesunkene Auslandsverkäufe. Insgesamt gingen Waren im Wert von 110,3 Milliarden Euro an die Kunden außerhalb Deutschlands. Im Vergleich zum Vorjahr reicht dies indes für ein deutliches Plus von 9,3 Prozent. Die Importe lagen im April mit 89,9 Milliarden Euro um 8,2 Prozent über dem Vorjahreswert. Auf Monatssicht legten sie noch um 2,2 Prozent zu.

Trump hinterlässt Spuren in den Bilanzen

Damit vergrößerte sich der deutsche Außenhandelsüberschuss  auf Jahressicht von 17,8 Milliarden auf 20,4 Milliarden Euro. Der Überschuss in der Leistungsbilanz betrug nach vorläufigen Berechnungen der Bundesbank 22,7 Milliarden Euro. Ökonomen hatten 19,7 Milliarden Euro erwartet.

Die meisten Exporte aus Deutschland gehen unverändert in EU-Staaten - hier stiegen die Ausfuhren im April im Vorjahresvergleich um 9,0 Prozent und die Importe um 8,9 Prozent. Noch deutlicher legten binnen Jahresfrist die Exporte in Drittländer außerhalb der EU zu - um 9,9 Prozent an. Die Importe aus diesen Ländern legten um 7,3 Prozent zu.

In den vergangenen Monaten hatten die vor allem von den USA angeheizten internationalen Handelskonflikte erste Spuren in der deutschen Exportbilanz hinterlassen. Der Zollstreit mit den USA verunsichert seit einiger Zeit die Investoren. Wegen eines hohen Außenhandelsüberschusses steht dabei neben China und Japan auch Deutschland besonders im Fokus.

Ministerium: Vermutlich etwas ruhiger

Einen Dämpfer musste im April die deutsche Produktion hinnehmen: Industrie, Bau und Versorger stellten zusammen 1,0 Prozent weniger her als im Vormonat, nachdem es im März noch um 1,7 Prozent nach oben gegangen war. Das kommt überraschend, hatten Ökonomen hier doch mit einem Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet.

"Nach einem moderaten ersten Quartal ist die Produktion schwach in das zweite Quartal gestartet", hieß es vom Bundeswirtschaftsministerium. "Hierbei dürfte ein Brückentage-Effekt - der 1. Mai fiel auf einen Dienstag - eine Rolle gespielt haben." Die Industrie verfüge weiter über einen sehr hohen Auftragsbestand. Allerdings seien die Neuaufträge schon vier Monate in Folge geschrumpft - die längste Flaute seit der Finanzkrise 2008. "Die Industriekonjunktur wird daher vermutlich zunächst etwas ruhiger verlaufen", erwartet das Ministerium.

"Einfach mehr investieren"

Für ING-Bank-Ökonom Carsten Brzeski reichen die bisher angeführten Einmalfaktoren wie Streiks, Grippewelle, Wettereffekte und Feiertage indes nicht, um die ausgeprägte Schwäche zu erklären. "Es sieht so aus, als ob angebotsseitige Beschränkungen die Wachstumsaussichten in Deutschland zunehmend behindern", sagte er. Die Kapazitäten seien ausgelastet und begrenzten den Ausstoß. "Vor diesem Hintergrund scheinen mehr Investitionen der beste und einfachste Weg zu sein", sagt Brzeski.

Für Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen weist der Trend für die Produktion derzeit eindeutig nach unten. Das lasse für die kommenden Monate eine eher noch niedrigere Produktion erwarten. Damit werde es immer wahrscheinlicher, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal nur ähnlich moderat zulegen werde wie im ersten Quartal mit 0,3 Prozent.

Etwas pessimistischer äußerte sich Sophie Krietenbrink vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag: "Der Rückgang der Produktion vertieft die Sorgenfalten in der deutschen Industrie, zumal auch die Neubestellungen sinken." Die Industriekonjunktur habe sich merklich abgekühlt.

Dagegen sieht Thomas Gitzel von der VP Bank bislang keine nachhaltige Wachstumsschwäche. "Das weltwirtschaftliche Klima bleibt günstig, und der private Konsum in Verbindung mit einer ohnehin gut laufenden Bauwirtschaft spricht wieder für etwas mehr Schwung im zweiten Halbjahr. Es ist im ersten Halbjahr von einem ausgeprägten Durchhänger auszugehen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP/DJ

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