Wirtschaft

Einbruch bei Wertpapierkrediten Ist das der erste Crash-Vorbote?

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(Foto: REUTERS)

Die Stimmung an den Aktienmärkten ist nach den kräftigen Kurseinbußen in den vergangenen Wochen deutlich abgekühlt. US-Amerikaner kündigen derweil ihre Wertpapierkredite, die sie in der jahrelangen Hausse aufgebaut haben.

Noch vor gut einer Woche keimte bei vielen Anlegern die Hoffnung, dass die positiven Signale vom G20-Treffem eine typische Jahresendrally auslösen könnten. Doch die Freude währt nur kurz: Lediglich vier Tage hielt der Waffenstillstand zwischen den USA und China im Handelsstreit. Mit der Verhaftung der Finanzchefin des chinesischen Technologie-Schwergewichts Huawei hat sich der Konflikt erneut zugespitzt. Ein Ende der Streitigkeiten ist nicht absehbar.

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Weniger spektakulär als die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, aber auch außerordentlich wichtig: der drastische Rückgang der Wertpapierkredite in den USA.

Bei einem solchen Kredit dienen die im Depot verwahrten Wertpapiere als Sicherheit, um weitere Wertpapiere, meist Aktien, zu kaufen. Bei steigenden Aktienkursen wird der Aktienbestand wertvoller und der Kreditrahmen dadurch größer, bei fallenden Aktiennotierungen ist es genau umgekehrt, und Anleger könnten bei starken Kursverlusten gezwungen sein, ihre Aktien zu verkaufen. Die zuletzt veröffentlichten Daten zu den US-Wertpapierkrediten signalisieren eine solche Entwicklung: Sie sind im Monatsvergleich so stark gefallen wie seit der Finanzkrise vor rund zehn Jahren nicht mehr - und das in absoluten und relativen Zahlen, also im Vergleich zum Börsenwert sowie zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Wirtschaftsleistung der USA.

Dabei spielen die Wertpapierkredite am US-Aktienmarkt inzwischen eine bedeutende Rolle. Noch bis in die 1990er Jahre betrug der Anteil der Wertpapierkredite am US-BIP nicht mehr als ein Prozent und schwankte nur sehr gering. Doch durch die rückläufigen Zinsen wurde der Aktienkauf auf Pump im Lauf der Zeit immer wichtiger für den US-Aktienmarkt. Aktuell liegt ihr Anteil am BIP bei etwas mehr als drei Prozent - und damit sogar leicht über dem Niveau zu Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrisen 2000 und 2008.

Kommt der Crash?

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Dieser Vergleich lässt aufhorchen, denn sowohl 2000 als auch 2008 fallen die zwischenzeitlichen Hochs bei den Wertpapierkrediten mit den Kursspitzen im S&P-500 zusammen. Der zuletzt deutliche Monatseinbruch könnte daher vor einem Crash warnt. Über die Höhe der Wertpapierkredite hierzulande veröffentlichen Broker oder Banken keine umfänglichen Informationen. Diese spielten nur eine untergeordnete Rolle bei der Aktienanlage, wie das Deutsche Aktieninstitut festgestellt hat. Daher können sie nicht wie in den USA für eine Bewertung des Aktienmarktes herangezogen werden.

Zur Beurteilung der Wertpapierkredite für den US-Aktienmarkt gilt auch, das Umfeld genauer unter die Lupe zu nehmen: So waren in den 1990er Jahren die Zinsen für Wertpapierkredite deutlich höher, weshalb diese Form der Kapitalanlage damals unattraktiver war als heute. Allerdings haben die Zinsanhebungen der US-Notenbank Federal Reserve in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Wertpapierkredite nun ebenfalls allmählich unattraktiver geworden sind. Sie stagnierten bereits im Jahresverlauf - bis zum jüngsten kräftigen Monatsrückgang.

Der starke Anstieg der vergangenen Jahre ist auch auf die mögliche Beleihung zurückzuführen, die auf dem Kurswert beruht. Denn bei steigenden Aktienkursen nimmt der Kurswert zu. "Die Zusammenhänge zwischen US-Wertpapierkrediten und Aktienmärkten sind ein wichtiger Faktor für die Stimmung an den Aktienmärkten, insbesondere wenn es auffällig starke Bewegungen gibt", sagt André Stagge, Portfoliomanager und Börsencoach n-tv.de.de. "Der Umfang der US-Wertpapierkredite müsste im nächsten Monat wieder deutlich zunehmen, um den Rückgang als Ausrutscher zu bewerten und das Vertrauen wieder zu stärken."

Frische Daten vom US-Wertpapierkreditmarkt wird es erst Ende Dezember geben. Erst dann lässt sich wirklich sagen, ob der jüngste Einbruch ein Ausrutscher war - oder ein erstes wichtiges Anzeichen für einen näher rückenden Crash am US-Aktienmarkt.

Quelle: ntv.de

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