Wirtschaft

Qualcomm gegen Apple Rächt sich Peking mit dem iPhone-Urteil?

In den sozialen Medien fordern viele Chinesen angeblich einen Boykott der iPhones.

In den sozialen Medien fordern viele Chinesen angeblich einen Boykott der iPhones.

(Foto: REUTERS)

Ausgerechnet ein chinesisches Gericht urteilt in der Patentfehde zwischen den US-Techgiganten Apple und Qualcomm. In China interpretieren das viele als Symbol der wachsenden Stärke Pekings im Handelsstreit mit den USA.

Der Patentstreit zwischen den US-Konzernen Qualcomm und Apple geht nach einem Jahr unvermindert weiter - und zwar ausgerechnet in China. Ein Gericht in der Stadt Fuzhou entschied, dass Apple zwei Patente des US-Chipherstellers verletzt habe. Bestimmte iPhones dürfen demnach nicht mehr verkauft werden. Zumindest in China bietet das Anlass, die Motive der Richter zu diskutieren. 

Was wie ein Punktsieg für Qualcomm aussieht, entpuppt sich jedoch schnell als Phyrrussieg. Denn anders als vom Chiphersteller dargestellt, wird das iPhone in allen Varianten zunächst einmal weiter erhältlich sein. Qualcomm hatte das Urteil zunächst so ausgelegt, dass der Verkauf der Modelle iPhone 6S, 7, 8 und ihre größeren Versionen sowie das im vergangenen Jahr erschienene iPhone X komplett untersagt sein würde.

Tatsächlich geht es beim Verkaufsverbot aber nur um das mehr als ein Jahr alte iPhone-Betriebssystem iOS 11 - die aktuelle Version ist iOS 12. Das Verbot läuft damit ins Leere, wie Apple schnell klarstellt. Der Chiphersteller ist - wenig überraschend - damit nicht zufrieden, er will vor Gericht nachlegen. Aus seiner Sicht muss der Verkauf der vom Gericht genannten Modelle unabhängig von der Software-Version gestoppt werden. Die Diskussion um die möglichen politischen Motive hinter dem Urteil wird dadurch weiter befeuert.

Bei vielen Chinesen sorgt die Tatsache, dass die Fehde der US-Techgiganten von einem Gericht in China verhandelt wird, für regelrechte Genugtuung. Sie scheinen die Gunst der Stunde im Zusammenhang mit den "wachsenden politischen Spannungen" zwischen den USA und der Volksrepublik zu wittern. In den chinesischen sozialen Medien fordern viele bereits einen Boykott der iPhones. "Weithin" werde das Urteil "als Signal interpretiert, dass China Druck auf US-Unternehmen ausüben könnte", schreibt die extrem nationalistische Parteizeitung "Global Times".

Ist das Apple-Urteil politisch motiviert?

In gewisser Weise wäre die Politisierung des Patentstreits nur ein weiteres Spiel über die Bande zwischen den USA und China - so wie die Verhaftungen zweier Kanadier in China im Gegenzug für die Festsetzung der Finanzchefin von Huawei in Kanada auf Betreiben der USA. Die Vermutung, dass es einen Zusammenhang gibt, liegt auch deshalb nahe, weil die Gerichte in China nicht unabhängig sind, sondern offiziell der Kommunistischen Partei unterstehen.

Dennoch ist fraglich, ob der Mini-Verkaufsstopp für Apple-Geräte in China wirklich politisch motiviert und eine Retourkutsche für die Verhaftung der chinesischen Managerin sein kann. Tatsächlich taugt der Patentstreit als Manöver im Handelsstreit kaum.

Die Zeitung selbst relativiert es: "Die Nation muss sich rächen und gleichzeitig ihre Interessen schützen", schreibt sie in ihrem Titel. China sollte den erpresserischen Methoden der USA "nicht emotional", sondern "mit langfristigen Strategien" begegnen, beruft sie sich auf chinesische Analysten.  

Irrationale Schritte, die die Interessen Chinas schwächen könnten, müssten vermieden werden. Denn Apple oder Qualcomm anzugreifen, könnte als "Schuss nach hinten losgehen". Dafür seien die nationalen Interessen zu verwoben. Apple habe mehr als fünf Millionen Jobs in China geschaffen. Umgekehrt mache Apple ein Fünftel seines Umsatzes in China. Auch Qualcomm sei fest im heimischen Markt verankert - vor allem beim Ausbau des 5G-Netzes.

Langfristig denken

Die Zeitung wirbt deshalb in erster Linie um diplomatische Bemühungen. Die Pekinger Regierung sollte Druck ausüben und gleichzeitig friedliche Lösungen anstreben. Vor allem aber müsse Peking rechtliche und regulatorische Maßnahmen ergreifen, um heimische Unternehmen zu schützen. Das würde "Signalwirkung" für die USA haben.

Und noch aus anderen Gründen scheint eine Politisierung des Patentstreits abwegig. Hätte das Gericht gewollt, hätten die Richter mehr Härte gegen Apple walten lassen. Außerdem ist der US-Konzern kein Wettbewerber mehr, der aus dem Weg geräumt werden müsste. Der heimische Telekom-Konzern Huawei ist an dem iPhone-Produzenten schon lange vorbeigezogen. Die Nummer eins, die es jetzt vom Thron zu stoßen gilt, heißt Samsung und stammt aus Südkorea. Hinzu kommt, dass ein Sieg Qualcomms über Apple immer noch ein Triumph eines US-Unternehmens wäre. Die Chinesen, die jetzt frohlocken, liegen falsch. Im Handelskonflikt bringt der Patentstreit Peking nicht weiter.

Quelle: ntv.de, ddi

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