Wirtschaft

US-Zinsen und Wirtschaftskrieg Türkische Lira zieht andere Währungen mit

Die Talfahrt der türkischen Lira ist noch nicht am Ende. Inzwischen bemüht sich die Zentralbank um eine Beruhigung der Lage. Auch andere Schwellenländer geraten in den Sog. Doch auch die Fed setzt ihnen zu.

Der Verfall der türkischen Lira setzt sich fort und reißt auch andere Schwellenländer-Währungen nach unten. Zum US-Dollar verlor die Lira zeitweise zehn Prozent. In der Spitze wurden für ein Dollar über sieben Lira gezahlt. Der Euro rückte dicht an die Marke von acht Lira heran. Um die Abwertung der heimischen Währung zu stoppen, kündigte die türkische Notenbank  eine Reihe von Maßnahmen an, die aber zunächst keine nachhaltige Wirkung zeigten.

Die Zentralbank sicherte unter anderem den Banken zu, ihnen die benötigte Liquidität zur Verfügung zu stellen. Sie können sich Fremdwährungsmittel mit einer Laufzeit von einem Monat zusätzlich zu Geldern mit einer Woche Laufzeit ausleihen.

In Asien reagierten die Aktienmärkte mit heftigen Kursverlusten auf die neuerliche Abwertung der Lira. Die Währungen von Ländern wie Indonesien, aber auch Südafrika, die stark von ausländischen Investoren abhängig sind, gaben ebenfalls kräftig nach. Und auch die US-Futures stehen unter Druck. Der Zusammenbruch der Lira habe kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können, sagt Kerry Craig von JP Morgan Asset Management und verweist auf den ohnehin schon nervösen Markt.

Der südafrikanische Rand verlor zum Dollar zeitweise fast zehn Prozent. Der chinesische Yuan sank zum Dollar auf den tiefsten Stand seit über einem Jahr. Auch die Kosten für die Absicherung gegen einen Kreditausfall asiatischer Länder und Unternehmen stiegen. Fünfjährige indonesische und philippinische CDS stiegen laut Markit um 13,8 und 10 Prozent.

US-Zinsen bereiten Sorgen

Sorgen bereiten den Anlegern in den Schwellenländern auch die steigenden US-Zinsen. Diese verteuern eine Geldaufnahme in Dollar und lösen gleichzeitig häufig eine Rally im Dollar aus. "Die über viele Jahre hinweg lockere US-Geldpolitik bedeutete, dass billiges Geld in die Schwellenländer floss", erklärte Trinh Nguyen, als Volkswirtin bei Natixis zuständig für die Schwellenländer. Der Eintritt in diese Märkte vollziehe sich schrittweise, der Rückzug könne aber geradezu gewaltsam vonstatten gehen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schreibt 260 Milliarden Dollar, die seit 2018 an Portfolio-Investments in die Schwellenländer geflossen sind, der Geldpolitik der US-Notenbank zu. In seinem jüngsten Weltfinanzstabilitätsbericht schätzt der IWF, dass die geldpolitische Straffung der Federal Reserve die Zuflüsse in diese Märkte jährlich um 35 Milliarden Dollar verringern könnte.

Türkische Schulden als Zusatzproblem

Die Folgen für die Türkei dürften besonders gravierend sein wegen der hohen Verschuldung in Hartwährungen. Deren Rückzahlung werde durch die Abwertung der Lira erschwert. Anleger befürchten überdies, dass der Handlungsspielraum der türkischen Zentralbank bei Zinserhöhungen begrenzt ist, nachdem Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Voraussetzungen dafür geschaffen hat, die Unabhängigkeit der Notenbank einzuschränken.

Für viele andere Schwellenländer sieht es derweil besser aus. China und Indien, die beiden größten unter ihnen, sind vergleichsweise wenig abhängig von ausländischem Geld. Einige Zentralbanken haben reagiert, indem sie die Zinsen drastisch erhöhten. Zum Beispiel hat die Bank Indonesia den Leitzins um insgesamt einen Prozentpunkt angehoben, um den Verfall der indonesischen Rupie einzudämmen.

Ölimporte verteuern sich

Nach Meinung von Morten Lund, Devisenanalyst bei Nordea, hat die türkische Notenbank zwei Möglichkeiten: Sie könnte entweder Kapitalverkehrskontrollen einführen, um den Abzug von Kapital durch verängstigte Anleger zu verhindern, oder die Zinsen drastisch erhöhen.

Die Türkei hat indessen noch weitere Probleme, von denen auch andere Schwellenländer betroffen sind. Wie Indien oder Thailand ist sie auf Ölimporte angewiesen und damit anfällig für steigende Energiepreise. Der Preis für US-Rohöl ist seit Jahresbeginn um knapp zwölf Prozent gestiegen und erreichte im Sommer dieses Jahres den höchsten Stand seit 2014. Aufgrund der Abwertung ihrer Währungen bekommen die Schwellenländer diesen Preisanstieg besonders deutlich zu spüren.

Der Konflikt mit den USA hat den Verfall der Lira zusätzlich befeuert. US-Präsident Donald Trump hat der Türkei Sanktionen angedroht und die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei verdoppelt, nachdem Verhandlungen über die Freilassung eines in der Türkei wegen Terroverdachts inhaftierten US-Pastors gescheitert sind.

Der Streit mit der Türkei weist eine gewisse Ähnlichkeit auf mit dem Zollstreit zwischen den USA und China. Die Verschlechterung der Handelsbeziehungen der beiden Länder hat zu einer deutlichen Abwertung des chinesischen Yuan geführt.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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