Wirtschaft

Welt-Handelsindex Angedrohte Zölle belasten den Welthandel

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(Foto: picture alliance/dpa)

Der internationale Handelskonflikt und die restriktivere US-Zinspolitik hängen wie ein Damoklesschwert über den Märkten. Großbritannien überrascht trotz mühsamer Brexit-Verhandlungen trotzdem mit einem unveränderten Indexwert.

Viel Hoffnung, dass endlich die Protagonisten aus der Politik wieder den hohen Nutzen des freien und offenen Welthandels erkennen, wird aktuell auf den EU-Asien-Gipfel projiziert. "Die Welt muss wieder erkennen, dass nur ein offener aber regelbasierender Welthandel eine Win-Win-Situation für alle darstellen kann. Dafür bedarf es allerdings gerade seitens der USA, aber auch seitens der EU und in vielen Nationen in Asien handelsspezifische Übereinkünfte, die Nachhaltigkeit und Konstanz verkörpern", fasst Dr. Markus C. Zschaber, Chef der V.M.Z. Vermögensverwaltung in Köln, welche monatlich den "Welt-Handelsindex" veröffentlicht, die aktuelle Situation zusammen.

"Wir haben im Welthandel ein strukturell starkes Wachstum in den letzten Monaten gesehen, insbesondere im globalen Luftfrachtmarkt, dieses kehrt nun wieder zu einem Normalmaß zurück", konstatiert der Experte. Dennoch hat der kurzfristige Rückgang andere positive Entwicklungen, wie das gute Frachtvolumen per Straße, kompensiert. Die Wachstumsrate für die globale Seefracht hingegen hat sich sehr leicht reduziert respektive das Frachtvolumen per Schiene leicht verbessert. Das Gesamtbild welches der "Welt-Handelsindex" zeichnet, fällt vor diesem Hintergrund gemischt aus.

Dr. Markus C. Zschaber

Dr. Markus C. Zschaber

Regional lässt sich festhalten, dass vor allem der binnenmarktorientierte Transport- und Logistiktrend in China, Deutschland, Indien, den USA, Kanada und Frankreich zulegen konnte, sowie der Handel über die Landes- und Kontinentalgrenzen hinaus vor allem seitens Indien. Unveränderte Entwicklungen verzeichneten Großbritannien und die USA. China, Deutschland, Japan und Südkorea sowie die meisten Entwicklungsnationen in Asien und Osteuropa zeigten dagegen einen leicht verschlechterten Trend an. Bemerkenswert ist außerdem der unveränderte Indexwert für Großbritannien. Mit Blick auf die schleppenden Fortschritte der Brexit-Verhandlungen und der zunehmenden Spekulationen über einen "harten Brexit" ist das gegenwärtige Gesamthandelsvolumen immer noch ordentlich.

Ungeachtet der Verschärfung der globalen Handelskonflikte, insbesondere zwischen China und den USA, sind diese beiden Länder weiter auf Wachstumskurs, wenn auch mit weniger Dynamik. Der Ausblick für die USA hält sich stabil auf hohem Niveau, der Ausblick für China hat an Dynamik verloren, die Nachfrage scheint abzuflachen. Ähnlich sieht es auch aktuell in Südkorea, Japan und Deutschland aus, hier kann eine abnehmende Handelsdynamik in den letzten vier Wochen verzeichnet werden.

Den USA und Kanada ist ein Durchbruch bei ihrem Streit um die Neuauflage des gemeinsamen Freihandelsabkommens Nafta mit Mexiko gelungen. Nach zähen Verhandlungen einigten sich beide Länder auf eine Nachfolgevereinbarung. Nach Angaben der US-Regierung sollen amerikanische Landwirte durch die Vereinbarung einen besseren Zugang zum kanadischen Milchmarkt bekommen. Ein weiterer Teil zielt darauf ab, dass 40 bis 45 Prozent der Bauteile, die für ein Auto gebraucht werden, von Arbeitern gefertigt werden, die mindestens 16 US-Dollar pro Stunde verdienen.

Auf diese Weise will Trumps Regierung Jobs in den USA sichern. Mexiko und Kanada konnten sich dagegen für den Fall absichern, dass Trump Strafzölle auf Autoimporte verhängen sollte: Je 2,6 Millionen Autos aus beiden Ländern wären dann von diesen Zöllen ausgenommen. Die USA, Kanada und Mexiko hatten das Nafta-Abkommen 1994 abgeschlossen. Es regelt eine der größten Freihandelszonen der Welt, betrifft fast 500 Millionen Menschen und deckt ein Gebiet mit einer Wirtschaftsleistung von knapp 23 Billionen Dollar (19,79 Billionen Euro) ab. Das Handelsvolumen der USA mit den beiden Nachbarstaaten hat sich seit 1994 auf 1,3 Billionen Dollar fast vervierfacht.

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Die digitale Revolution kann dem Welthandel enormen zusätzlichen Schub verschaffen. Schlüssel hierbei sind beispielsweise digitale Plattformen, die kleineren Unternehmen erlauben, Waren und Dienstleistungen global zu handeln. Wenn die richtigen Synergien vorhanden sind, vor allem, was den politischen Rahmen betrifft, kann die technologische Revolution bis 2030 zusätzliches Handelswachstum von rund 30 Prozentpunkten befeuern.

Während der Handelskrieg weiterhin die dominante Rolle einnimmt und auch viele Unternehmen in allen Regionen der Weltwirtschaft von dieser Themenlage besorgt sind, zeigen die realen gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen noch in vielen Teilen ein robustes Niveau und Ergebnis an, auch wenn hier und da die Dynamik zyklusbedingt abflacht. "Der globale Scheitelpunkt der Weltkonjunktur liegt hinter uns, dass verdeutlicht das globale Datenmaterial aus allen relevanten Volkswirtschaften", fasst Markus C. Zschaber zusammen.

Dies sei aber nicht gleichbedeutend mit einer bevorstehenden Wachstums-abschwächung. "Zu stark wurden geldpolitische Multiplikatoren in den letzten Jahren durch die Notenbanken rund um den Globus ausgereizt. Diese Liquiditätsschwemme kann den globalen Kreditzyklus noch eine ganze Weile antreiben, zu Mal die weltweiten Zinsen nach wie vor niedrig sind und wie wir alle wissen ist Kapital der wichtigste Treiber für Wachstum."

Im Handelsstreit mit den USA kündigt China immer neue Maßnahmen an, um die heimische Wirtschaft zu stützen. Inzwischen können alle Unternehmen ihre von 2018 bis 2020 anfallenden Gewinne, bezogen auf die Sonderausgaben für Forschung und Entwicklung, direkt mit 75 statt 50 Prozent von der Steuer abschreiben. Dies soll Innovationen fördern und die Gewinne im Schnitt um 2,2 Prozent steigern. Von dieser Umstellung dürften vor allem Technologie- und Tele-kommunikationsfirmen mit hohem Forschungsaufwand profitieren.

Außerdem hat die chinesische Regierung bereits weitere Steuersenkungen in Aussicht gestellt und China plant sich weiter für ausländische Firmen zu öffnen. Investitionen aus dem Ausland sollen gefördert und subventioniert werden und es sollen optimierte Finanzierungsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen umgesetzt werden. Die chinesische Zentralbank hat am Wochenende erneut den Mindestreservesatz um 1 Prozent gesenkt. Neben fiskalischen Maßnahmen setzt Peking damit auch weiterhin auf eine lockere Geldpolitik, um der Konjunkturabkühlung zu begegnen.

Zusammengefasst: Die Welthandel- und Konjunkturampel ist im globalen Kontext auch in den letzten vier Wochen unverändert auf gelb geschaltet. Hintergrund sind die zunehmenden Risiken des Handelskriegs, welche bei den Investitionsabsichten für große Zurückhaltung in vielen Nationen sorgen. Hier sind eindeutig stagnierende Nachfragetrends zu quantifizieren. Ausnahmen wie Indien oder auch die USA sind hierbei zu erwähnen. In der EU und in großen Teilen Asiens sind dagegen höhere negative Abhängigkeiten zu den politischen Unsicherheiten zu erkennen.

Der makroökonomische Saldo der globalen Handelsdaten, welche wir im "Welt-Handelsindex" gewichten und verdichten beträgt dementsprechend aktuell 77,9 Prozent. Das bedeutet, dass sich der Welthandel zwar in einem positiven wirtschaftlichen Umfeld befindet, sprich Zuwächse generiert, allerdings keine größeren Wachstumseffekte aus dem Welthandel für die Weltwirtschaft hervorgehen. Gleichzeitig bestehen durch den Handelskrieg weitere Abwärtsrisiken, welche bei neuen Eskalationsstufen entsprechende konjunkturelle Kosten verursachen.

Was bedeutet das für den Anleger:

Die politischen Risiken hängen wie ein Damoklesschwert über den Märkten. Einmal ist es der internationale Handelskonflikt ausgelöst durch die USA oder die restriktivere Zinspolitik der US- Notenbank, dann wiederum die Sorgen um den Brexit oder die negativen Konsequenzen aus der fragwürdigen Wirtschafts- und Finanzpolitik der neuen Regierung in Italien, welche die Weltfinanzmärkte beeinflussen und alles Andere überschatten. Höhere Schwankungen sind somit auch zukünftig zu erwarten, aber es werden sich Gelegenheiten bieten. Gerade bei Unternehmen, die oben auf der Wertschöpfungskette angesiedelt sind sieht Markus C. Zschaber besondere Attraktivität. Diese Unternehmen sollten imstande sein, höhere Kosten, die durch mehr Protektionismus anfallen können, an die Abnehmer weiterzureichen und ihre operativen Margen zu schützen. Gerade aktive Anleger sollten hier ganz genau hinsehen.

Trotz der wahrscheinlichen Abflachung der Weltkonjunkturkurve sollte das globale Wachstum noch eine ganze Weile oberhalb der Potenzialrate liegen. "Eine kräftige Abkühlung des Welthandels oder gar eine Rezession lassen die Daten zum "Welt-Handelsindex" nicht erkennen. Fakt ist, die Wachstumskräfte sollten weiterhin positiv verlaufen, doch nehmen trotz des positiven Grundszenarios die Unterschiede zwischen den Ländern und Regionen zu. Allein ein Blick auf die globalen Wertschöpfungsketten zeigt, wie unterschiedlich die Auswirkungen der Handelsstreitigkeiten je nach Region, Sektor und Unternehmen ausfallen sollten. "Die Schwankungen werden künftig zunehmen, eine Diversifikation innerhalb einer Anlageklasse und unterhalb der verschiedenen Anlageklassen ist die entscheidende Maßnahme für den Portfolioerfolg", so Zschaber weiter.

Dadurch, dass der "Welt-Handelsindex" ein dynamisches Gesamtbild des Welthandels zusammengefasst bietet und detailorientierte Analysen auch hinsichtlich der Konjunkturlage ermöglicht, können schnelle und aktive Reaktionen auch im Welthandelsportfolio erfolgen. Das Musterdepot zum "Welt-Handelsindex" wird innerhalb dieser Berichterstattung vierteljährlich erwähnt, es beinhaltet diverse Anlageklassen, übergewichtet Aktieninvestments oder ETF`s auf Märkte und Branchen, die insbesondere an den Welthandelsaktivitäten partizipieren. Informationen hierzu finden Sie auch unter www.kapitalmarktstudie.de

Funktionsweise Welt-Handelsindex:

Der Welt-Handelsindex fasst alle relevanten Daten aus den vier primären Transport- und Handelswegen (Schifffahrt, Schiene, Straße und Lufttransport) zusammen, gewichtet diese und verdichtet sie in einem Index. Der Index bietet zum ersten Mal ein Gesamtbild des Welthandels zusammengefasst in einer Zahl, erfasst damit unter anderem auch die Auswirkungen der Globalisierung und überwindet funktionale und regionale Beschränkungen, der zum Beispiel nur regional ausgerichteten Indikatoren. Weißt der Welt - Handelsindex einen Stand zwischen 85 und 100 Punkten aus, befindet sich der Welthandel im Expansionsmodus. Je höher oder tiefer die Punktezahl ist, umso besser respektive schlechter steht es um den Welthandel. Weißt der Welthandelsindex dagegen einen Stand zwischen 55 und 85 Punkten aus, befindet sich der Welthandel in seinem Trendwachstumskanal. Indexstände zwischen 55 und 0 Punkten bedeuten, dass der Welthandel sich in Kontraktion befindet und schrumpft.

Quelle: Die Vermögensverwaltungsges. Dr. Markus C. Zschaber mbH stellt den Index monatlich exklusiv dem "manager-magazin-online" und dem "Nachrichtensender n-tv" zur Verfügung. Informationen zum Index unter www.zschaber.de oder www.kapitalmarktanalyse.com

Quelle: ntv.de

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