Wirtschaft

Zoll-Deal mit Trump "Die EU schließt einen Pakt mit dem Teufel"

Spannt Donald Tump die EU-Staaten vor seinen Karren?

Spannt Donald Tump die EU-Staaten vor seinen Karren?

(Foto: REUTERS)

Donald Trump gewährt der EU eine Schonfrist bei den Stahlzöllen - womöglich, weil zwischen Washington und Brüssel ein geheimer Deal gegen China läuft. So ein Pakt hätte einen hohen Preis, warnt Gabriel Felbermayr vom Münchner Ifo-Institut.

n-tv.de: Donald Trump hat nicht nur der EU, sondern auch anderen ausgewählten Staaten einen Aufschub bei den Stahlzöllen gewährt. Warum?

Gabriel Felbermayr: Donald Trump sucht sich aus, mit wem er gute Beziehungen haben und mit wem er nach den Regeln spielen will. Japan, ein Verbündeter, ist nicht ausgenommen worden, das fällt sofort auf. Trump hat erfolgreich einen Keil zwischen die sechs, die er ausgenommen hat, und die restlichen 130 der WTO getrieben. Er verhindert damit, dass sich eine Koalition gegen ihn bildet. 'Teile und herrsche' nennt man das.

Trump dividiert die WTO auseinander, um sich Vorteile zu verschaffen. Warum lassen die Staaten das zu?

Das hat mit der Schwäche der Welthandelsorganisation und den schwachen Beziehungen zwischen den WTO-Mitgliedern untereinander zu tun. Ein wichtiger Stahlproduzent ist Russland. Mit Russland spricht keiner zurzeit. Der wohl wichtigste Stahlproduzent ist China. Europas Stahlindustrie hat dieselben Schwierigkeiten mit China wie die Amerikaner. Die europäischen Lobbyisten freuen sich darüber, wenn Trump China Dampf macht. Trump kann die Uneinigkeit der WTO-Staaten sehr leicht ausbeuten.

Teil des Stillhalteabkommens zwischen Washington und Brüssel könnte ein gemeinsames Vorgehen gegen China sein. Lässt sich die EU vor Trumps Karren spannen?

Gabriel Felbermayr ist Leiter des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft

Gabriel Felbermayr ist Leiter des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft

Wir wissen noch nicht wirklich, welcher Deal da möglicherweise hinter den Kulissen zwischen EU und USA geschlossen wurde. EU-Kommissarin Cecilia Malström sagt, es gäbe keinen Deal. Trump habe aus reiner Europafreundlichkeit auf Zölle verzichtet, weil ihn die Argumente überzeugt hätten. Das leuchtet mir überhaupt nicht ein. Siehe Japan. Wenn es wirklich so wäre, dass ihre Argumente überzeugt hätten, stellt sich doch die Frage, warum diese Argumente dann nicht auch für Japan gelten. Die Amerikaner haben mehr Militärbasen in Japan als bei uns. Es gibt mindestens so viele Direktinvestitionen japanischer Unternehmen wie deutscher Firmen in den USA. Warum gilt etwas für uns, aber nicht für die Japaner?

Das heißt, die Europäer sind der bessere Verbündete für die USA, um eine Front gegen China aufzumachen?

Genau aus diesem Grund muss es einen Deal im Hintergrund geben. Die Stahllobbyisten in Washington und in Brüssel verfolgen die gleichen Ziele. China ist der gemeinsame Feind.

Profitiert die EU denn in gleichem Maße wie die USA von einem Deal gegen China?

Die europäische Stahlbranche schon. Ob es insgesamt aber ein gutes Geschäft ist, wenn wir uns in einen Handelsstreit mit den Chinesen hineinziehen lassen, ist fraglich. Außerhalb der Stahlbranche sind unsere Interessen mit China nämlich ganz andere als die der USA. Wir haben mit China eine viel ausgeglichenere Handelsbilanz. China ist für uns als Absatzmarkt auch sehr viel wichtiger als für die Amerikaner. Wenn wir es uns mit China verscherzen, wäre das für Deutschland und Europa kostspieliger als für die Amerikaner. Aber wie gesagt, das ist alles noch nicht ausgemacht.

Trumps Strafzölle haben ein Schlaglicht auf die Schieflagen im globalen Handel geworfen. Sollte die EU nicht alles daran setzen, die globalen Handelsbeziehungen neu aufzustellen?

Ich sehe das problematisch, weil Trump vor allem eins nicht mag: die Welthandelsorganisation. Möglicherweise will er sie ganz aus der Welt schaffen. Indem wir einen bilateralen Deal mit Trump geschlossen haben, sind wir eine unheilige Allianz eingegangen. Es ist ein Pakt mit dem Teufel. Dass Europa die WTO im Stich lässt, wird seinen Preis haben. Denn 85 Prozent des Außenhandels der EU finden nicht mit den USA, sondern mit anderen WTO-Ländern statt.

Was hätte die EU stattdessen tun sollen?

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Frau Malmström hätten nicht sofort nach Washington fliegen und Herrn Trump huldigen sollen. Es wäre besser gewesen, wenn sie nach Neu Delhi, Peking oder Pretoria geflogen wären. Die EU hätte versuchen müssen, eine Koalition zu zimmern, die die WTO vor dem Angriff der Amerikaner verteidigt. Die WTO ist wichtiger als die transatlantischen Handelsbeziehungen.

Der Zollstreit treibt absurde Blüten: China positioniert sich plötzlich als Verteidiger des Freihandels und fordert den Rest der Welt auf, sich Washington gemeinsam entgegenzustellen. Was ist davon zu halten?

Ich halte das Argument der Chinesen für richtig. Es geht darum, die WTO vor größerem Schaden zu bewahren. Man kann sagen, die Chinesen spielen nicht nach den Regeln. Aber das gleiche gilt auch für alle anderen. Wir haben alle Dreck am Stecken. Aber die Chinesen haben der Organisation bisher die Treue gehalten. Wenn die WTO China verurteilt, hält es sich bisher an den Schiedsspruch. Das ist von Amerika unter Trump nicht zu erwarten. Die EU hätte sagen müssen: Lasst uns gemeinsam auch mit den schwierigen Partnern China und Russland die WTO verteidigen. Das ist nicht passiert. Insofern hat Trump einen echten Sieg eingefahren. Er hat es geschafft, die Welt zu spalten.

Ist das der Todesstoß für die WTO oder geht sie am Ende doch noch gestärkt aus dem Streit hervor?

Ich habe Sorge, dass es für die WTO ein ganz enges Spiel wird. Und dass wir am Ende nicht mehr ein System mit 164 relativ ebenbürtigen Mitgliedsstaaten haben. Ich befürchte, dass die Welt in drei Blöcke zerfällt: die USA mit den Nafta-Staaten, der asiatische Raum mit "Greater China" und Europa. Die drei würden sich die Welt nach ihren eigenen Interessen aufteilen. Dann hätten die rund 130 anderen WTO-Mitglieder, vor allem die armen, plötzlich keine Stimme mehr.

Mit Gabriel Felbermayr sprach Diana Dittmer

Quelle: ntv.de

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