Wirtschaft

"Trump pokert rücksichtslos" Ist ein Happy End im Handelskrieg möglich?

Der IWF warnt: Der Handelsstreit, vor allem zwischen den beiden größten Volkswirtschaften USA und China, ist riskant. Aber wie ernst ist es wirklich?

Der IWF warnt: Der Handelsstreit, vor allem zwischen den beiden größten Volkswirtschaften USA und China, ist riskant. Aber wie ernst ist es wirklich?

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Kampf gegen Chinas Export-Übermacht und Pekings Ideenklau setzt Donald Trump auf Drohungen. Überreizt er, kommt es zum Handelskrieg. Doch wenn es klappt, könnte er am Ende der Held sein.

Im Handelsstreit zwischen Washington und Peking geht es Schlag auf Schlag. Die vorläufige Bilanz dieser Woche: Peking verhängt einen Strafzoll auf US-Hirse und Washington blockiert den chinesischen Handyausrüster ZTE. Während die USA mittlerweile vor allem auf chinesische Technologiefirmen zielen, nimmt Peking mit seinen Zöllen vor allem US-Landwirte ins Visier - Donald Trumps Kernwählerschaft.

Am Donnerstag kündigte China Antidumping-Zölle auf synthetischen Kautschuk aus den USA, der EU und Singapur an. Sie sollen noch diese Woche in Kraft treten. Unter anderem treffen sie den US-Ölriesen Exxon Mobil. Richtig ernst wird es für die Europäer am 1. Mai wieder. Dann läuft der Aufschub aus, den der US-Präsident Europa bei seinen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium gewährt hat. Nur wenige Tage vorher, am 27. April, besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel Donald Trump in Washington. Sie wird bei dem Treffen kräftig für die europäischen Interessen im Handelsstreit trommeln.

Dass sich die Eskalationsspirale zwischen den beiden größten Volkswirtschaften immer schneller dreht, lässt nichts Gutes erahnen. Von einem Handelskrieg wollen Experten deshalb jedoch noch nicht sprechen. "Der Übergang von Frieden zu 'Krieg' in der Handelspolitik ist fließend", sagt der Ifo-Experte Gabriel Felbermayr n-tv.de. Die Intensität habe sich seit März deutlich verschärft. "Gleichzeitig machen aber Geschäftsleute auf beiden Seiten weiterhin lukrative Milliardengeschäfte." Die Frage ist also, wie ernst es Trump meint, und ob sich der "Kriegsausbruch" noch vermeiden lässt.

Handelskrieg oder Schaukampf?

Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Denn alle wissen: Kommt es zum heißen Konflikt, gibt es nur Verlierer. Die Stahl- und Aluminiumzölle - die einzigen Zölle, die bereits greifen - sind das Paradebeispiel dafür, dass Trump zwar laut poltert, aber bisher wenig echten Biss hat. Die USA importierten im vergangenen Jahr lediglich Stahl und Aluminium im Wert von drei Milliarden US-Dollar aus China - weniger als ein Prozent der gesamten US-Importe aus China.

"Ein Handelskrieg ist leicht zu gewinnen", hatte Trump noch vor einem Monat getönt. Inzwischen scheint auch er begriffen zu haben: Ganz so leicht ist es nicht. So wie die Lage ist, bleibt ihm wenig mehr, als sein Pokerface aufzusetzen. "Die USA sind nicht nur gegenüber China, sondern auch gegenüber Europa in einer schwierigen verhandlungstaktischen Situation, weil sie den Handelspartnern kaum noch Zollerleichterungen anzubieten haben", stellt Ifo-Experte Felbermayr fest.

Damit Peking zum Beispiel seinen 25-Prozent-Zoll auf Autos senkt, müssten die Amerikaner ein Gegengeschäft anbieten. Aber das sei schwer, weil die eigenen Zölle nur 2,5 Prozent ausmachten, sagt Felbermayr. "Trump hat gar keine andere Wahl, als eine riesige Drohkulisse aufzubauen. Sein Ruf als rücksichtsloser Pokerspieler hilft ihm dabei."

Muskelspiele beherrscht aber nicht nur Trump, sondern auch die Regierung in Peking. "Wenn die USA weiterhin rücksichtslos agieren, sind wir bereit, unser Schwert zu zeigen", sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Reaktion auf die US-Blockade des chinesischen Smartphone-Herstellers ZTE. Der Streit mit den USA könne "die gute Dynamik und gesunde Entwicklung in China nicht dämpfen", versicherte auch der Sprecher des Pekinger Statistikamts bei Vorlage der starken Wachstumszahlen fürs erste Quartal. Die US-Ratingagentur Moody's bestätigt: Die Anfälligkeit Chinas für einen Handelsschock ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen.

Lenkt Peking diesmal ein?

Trotzdem schlägt Peking versöhnliche Töne an und kündigt zum Beispiel an, den heimischen Automarkt zu öffnen. Ob es wieder heiße Luft ist - so wie schon häufig in den vergangenen Jahren - oder diesmal den Ankündigungen Taten folgen werden, muss sich zeigen. Für China sei es schwierig zu verstehen, was die Trump-Regierung wirklich wolle, sagte WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo dem US-Sender CNN. "Trump geht es nicht um Zölle auf Waschmaschinen oder Holzimporte", sagt der Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser, Burkhard Allgeier, n-tv.de. "Er will, dass der Technologietransfer nach China fairer wird."

Zumindest die Art und Weise wie die USA und China im Handelsstreit taktieren, deutet auf einen versöhnlichen Ausgang hin. Nach allen Drohungen werde es wahrscheinlich zu einer Verhandlungslösung kommen, prognostiziert Allgeier. "Denn beiden Seiten drohen Kosten und Schäden, die sie lieber vermeiden wollen".

Auch Ifo-Experte Felbermayr hält ein Happyend mittelfristig für wahrscheinlich: "Mag sein, dass die Dinge erst eskalieren, bevor man sich an den Verhandlungstisch setzt. Mag aber auch sein, dass die Drohungen bereits ausreichen." Nicht umsonst macht China Friedensangebote. Auch die Zölle auf US-Hirse ist Peking bereit, wieder zurückzunehmen bevor sie richtig in Kraft getreten sind. Möglicherweise stimmt das Trump milde.

"Der Zweck heiligt die Mittel"

Die größere Perspektive zeigt: Mit seiner Kriegsrhetorik mag sich der US-Präsident zwar zum Bumann der Welt gemacht haben, aber immerhin lenkt er dabei auch den Blick auf die Schieflagen im globalen Handel. "Wenn es Trump gelingt, dass der Technologietransfer nach China fairer wird, dann hat er gewonnen", sagt der Aufhäuser-Chefvolkswirt Allgeier. "Dann heiligt der Zweck auch die rohen Mittel, mit Zöllen zu drohen." Auch die EU werde sich bewegen müssen. Sie stehe nicht zu Unrecht mit am Pranger.

Dass die durchschnittlichen europäischen Zölle auf Waren aus den USA (5,2%) zum Beispiel im Schnitt zwei Prozentpunkte höher liegen als die auf europäische Produkte, die in die USA exportiert werden (3,5%), stand vor Trump nicht zur Diskussion. Bis zum 1. Mai muss die EU-Kommission sich überlegen, was sie Washington anbieten will.

Bisher pocht sie auf langfristige Ausnahmen bei den Stahl- und Aluminiumzöllen. Sie könnte zu einem Happy End beitragen, indem sie zum Beispiel die Zölle auf US-Autos senkt. Der Wirbel um Zölle, den der US-Präsident veranstaltet, könnte den Welthandel Zug um Zug liberaler und fairer machen. Am Ende könnte Trump als Held dastehen und die "America First"-Politik zu etwas gut gewesen sein. Aber nur, wenn China und Europa jetzt gut parieren.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen