Wirtschaft

Lira fällt auf Rekordtief US-Sanktionen verunsichern türkische Märkte

Die Sanktionen setzen Aktien und die Währung unter Druck.

Die Sanktionen setzen Aktien und die Währung unter Druck.

(Foto: REUTERS)

Die Angst vor weiteren US-Sanktionen setzt den türkischen Börsen zu. Der Leitindex lässt kräftig Federn und die Landeswährung fällt weiter. In den Fokus der Experten rückt zunehmend die Zahlungsfähigkeit des Landes.

Die Verschärfung der diplomatischen Krise zwischen der Türkei und den USA setzen der ohnehin schon gebeutelten türkischen Landeswährung zu. Neben der Lira muss auch der türkische Leitindex BIST-100 Abschläge hinnehmen. Beide Länder steuern wegen des Streits um den amerikanischen Pastor Andrew Brunson auf eine schwerwiegende diplomatische Krise zu. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte am Vortag Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt. Das türkische Außenministerium drohte daraufhin mit Gegenmaßnahmen.

US-Dollar / Türkische Lira
US-Dollar / Türkische Lira 32,55

"Die Sanktionen der US-Regierung gegen zwei türkische Minister haben Ängste am Markt geschürt, dass noch weitere Maßnahmen und entsprechende Gegenmaßnahmen folgen könnten", sagte Commerzbank-Analystin Antje Praefcke: "Investoren mögen diese politische Eskalation nicht."

Die tatsächlichen Folgen der Sanktionen gegenüber Innenminister Süleyman Soylu und Justizminister Abdulhamit Gül hielten sich für die türkische Wirtschaft bislang in Grenzen, erklärte DZ-Bank-Analyst Sören Hettler. Denn es sei bisher nur das in den USA befindliche Vermögen der Regierungsmitglieder eingefroren worden. Zudem sei es US-Unternehmen untersagt worden, Geschäfte mit den Betroffenen zu machen. Problematisch wären für die Türkei aber Maßnahmen, die den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten einschränkten, fügte Hettler hinzu.

Die Türkei sei auf Kapitalgeber angewiesen und die bestehende Auslandsverschuldung sei zu einem wesentlichen Teil kurzfristig finanziert, sagte Hettler weiter. Damit sei sie anfällig für einen Abzug von Kapital. Sollte dieser Fall eintreten, würde das Risiko einer Zahlungsbilanzkrise zunehmen.

Dollar teuer wie nie

An der türkischen Börse geraten daraufhin Aktien ebenso unter Druck wie die türkische Lira. Der BIST-100 verliert mehr als drei Prozent. Hinzu kommt die derzeit ohnehin schlechte Marktstimmung an den Börsen weltweit. Zu den schwächsten Aktien gehören die Titel des Flughafenbetreibers TAV Havalimanlari und die des Chemikalienherstellers Soda Sanayii mit einem jeweiligen Minus von rund sieben Prozent.

"Mit dem schwachen Handel an den Weltmärkten nach der US-Notenbank dürften die türkischen Aktien im Laufe des Tages an Boden verlieren", urteilen die Experten von Deniz Invest: "Im Hinblick auf künftige Marktbewegungen werden wir die politischen Entwicklungen weiter im Auge behalten."

Derweil setzt auch die Lira ihre Abwärtsbewegung fort. Aktuell wird der US-Dollar mit 5,09 Lira bezahlt - so viel wie nie zuvor. Noch am Jahresbeginn stand der Dollar bei lediglich 3,796 Lira. Commerzbank-Devisenanalystin Preafcke lenkte zugleich den Blick bereits auf den morgigen Freitag, wenn die türkischen Juli-Inflationsdaten veröffentlicht würden. Erwartet werde ein weiterer Anstieg, der nach der jüngsten Entscheidung der Notenbank, den Leitzins nicht anzuheben, "sicherlich auch nichts Positives für die Lira bringt". Bei der Commerzbank rechne man daher mit weiterer Lira-Schwäche.

Inflationsprognose angehoben

Bereits vor wenigen Tagen hatte die türkische Zentralbank ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr deutlich angehoben - und der Lira damit einen weiteren Wertverlust beschert. Die Zentralbank in Ankara äußerte die Erwartung, dass die Inflation Ende 2018 bei 13,4 Prozent liegen werde. Bisher war sie von 8,4 Prozent ausgegangen. Die Inflation hatte im Juni 15 Prozent erreicht.

Ökonomen sind beunruhigt über den starken Preisanstieg, den dramatischen Wertverlust der Währung und das hohe Außenhandelsdefizit des Landes. Sie dringen auf eine weitere Anhebung der Leitzinsen, doch ist Präsident Recep Tayyip Erdogan ein erklärter Gegner hoher Zinsen. Die Zentralbank entschied vergangene Woche, die Leitzinsen bei 17,75 Prozent zu halten.

Die Entscheidung verstärkte Sorgen, dass Erdogan künftig die Politik der Zentralbank diktieren werde. Er hatte im Mai mit der Ankündigung für Unruhe gesorgt, im Fall seines Siegs bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 24. Juni die Kontrolle über die Geldpolitik zu verstärken. Ebenfalls für Unruhe sorgte Erdogans Entscheidung, nach seinem Wahlsieg seinen Schwiegersohn Berat Albayrak als Finanz- und Wirtschaftsminister ins Kabinett zu berufen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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