Wirtschaft

Auf keinen Fall blind zeichnen Lohnen sich Neuemissionen?

Der Dax hat in diesem Jahr bereits kräftig zugelegt.

Der Dax hat in diesem Jahr bereits kräftig zugelegt.

(Foto: picture alliance / Frank Rumpenh)

Mit dem Aktienboom kommen auch Börsengänge wieder in Fahrt. Bislang hat sich in den meisten Fällen eine Zeichnung gelohnt. Das muss nicht so bleiben.

In diesem Jahr gab es hierzulande bereits zwölf Initial Public Offerings (IPOs). Das Volumen der Neuemissionen beläuft sich auf rund drei Milliarden Euro. Für das aktienmuffelige Deutschland ist das nicht schlecht.

Nächstes Jahr könnte es sogar noch besser werden. Experten rechnen angesichts der niedrigen Zinsen, des positiven Börsenumfelds und der gestiegenen Risikobereitschaft der Anleger 2018 mit rund einem Dutzend Neuemissionen – mit dabei sind wahrscheinlich Schwergewichte wie Siemens Healthineers, Knorr Bremse oder die Deutsche Asset Management. Die Eigenkapitalaufnahme der Börsenneulinge könnte laut Expertenschätzungen sogar das Volumen von 13,4 Milliarden Euro aus dem Jahr 1999 übersteigen. Nur 2000 war mit 31,4 Milliarden Euro noch besser.

Aber gerade das Rekordjahr 2000 verdeutlicht, dass ein IPO-Boom durchaus seine Schattenseiten hat. Generell deutet eine große Zahl von Börsengängen darauf hin, dass sich ein Aktienzyklus in der Spätphase befindet. So crashte der Dax von 2000 bis 2003 von rund 8000 auf nur noch 2500 Punkte. Zur Jahrtausendwende waren fast sämtliche Neuemissionen mehrfach überzeichnet. Investoren interessierten sich nicht für das einzelne Unternehmen, sondern wollten einfach nur "dabei" sein. Das Schicksal des Neuen Marktes ist bekannt. Zahlreiche Neuemissionen gingen pleite, und die Anleger erlitten zum Teil Totalverluste.

Das muss und wird sich voraussichtlich aber so nicht eins zu eins wiederholen. Insgesamt sind die Bewertungen heute wesentlich moderater als in den Nullerjahren. Das gilt sowohl für bereits gelistete Aktien als auch für neu angebotene. Außerdem liegt bislang das Gros der Neuemissionen dieses Jahr im Plus. Dennoch sind auch heute Börsenneulinge keine Selbstläufer.

Mühsame IPOs

Stefan Eberhardt ist Leiter des Portfoliomanagements der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung. Außerdem ist der Finanzexperte nebenberuflich als Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig.

Stefan Eberhardt ist Leiter des Portfoliomanagements der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung. Außerdem ist der Finanzexperte nebenberuflich als Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig.

Aktuelles Beispiel: Hello Fresh. Der Versender von Abo-Kochboxen mit gesunden Lebensmitteln wollte bereits vor zwei Jahren an die Börse. Es gab jedoch zu wenige Interessenten, die die Aktie kaufen wollten. Anfang November kam nun der erneute Versuch. Diesmal war das Papier mehrfach überzeichnet, obwohl das Unternehmen Verluste erwirtschaftet: Im Jahr 2016 mehr als 90 Millionen Euro, bei einem Umsatz von rund 600 Millionen Euro. Aktuell schwankt die Aktie um ihrem Ausgabekurs von 10,25 Euro.

Vor allem die Aktie des Konkurrenten Blue Apron ist für Hello Fresh kein gutes Omen. Der US-Wert ging im Sommer zu 10 Dollar an die Börse – heute notiert Blue Apron unter vier Dollar. Dazu kommt, dass auch Amazon in den USA, wo Hello Fresh den größten Teil seines Geschäfts macht, mittlerweile Koch-Boxen verschickt. Vor diesem Hintergrund scheint es fraglich, ob Hello Fresh sich zu einer Kursrakete entwickeln kann. Vapiano, ebenfalls ein Unternehmen aus dem Gastronomie-Bereich, entwickelte sich bislang auch eher mühsam.

Erfolgreiche Börsendebüts

Deutlich besser sieht es dagegen bei Varta aus. Die Aktie des Batterieherstellers legte seit dem Börsengang Mitte Oktober bereits rund 20 Prozent zu. Aber auch Varta brauchte zwei Anläufe, um es an den Aktienmarkt zu schaffen. Im vergangenen Jahr wurde der erste Versuch mangels Interesse abgeblasen. Voltabox, ein Spezialist für Batteriesysteme, lief seit dem IPO – ebenfalls im Oktober – ähnlich gut wie Varta.

Die Kurse von Varta und Voltabox sind zwar nach Emission nicht explodiert. Doch das ist eher ein gutes Zeichen, dass die Euphorie, insbesondere am Sekundärmarkt beziehungsweise nach dem Börsengang nicht zu hoch und dass der Unternehmenswert, also der Kurs bei Emission, fair war. Im Technologiebereich entwickelten sich die beiden Neulinge Jost Werke und Aumann nach dem Börsendebüt sehr positiv und verbuchten ebenfalls hohe Kursgewinne.

Damit stellt sich die Frage: Soll man nun bei Neuemissionen zeichnen oder nicht?

Natürlich kommt es immer auf das einzelne Unternehmen und dessen Bewertung an. Fest steht: Das aktuelle Marktumfeld ist sehr positiv, eine Blase noch nicht zu erkennen. Es empfiehlt sich jedoch, nicht blind zu kaufen. Die jeweiligen Unternehmen sind eingehend in Bezug auf Geschäftsmodell und Zukunftsfähigkeit zu prüfen. Hilfreich ist es, wenn sich der Anleger in der jeweiligen Branche etwas auskennt. Tipp: Aufpassen, wenn die Euphorie zu groß wird. Sollten sich Anleger auf alles stürzen, was auf den Markt kommt, sollte man den Ausstieg vorbereiten oder in konservativere Titel investieren.

Disclaimer

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben. www.e-cie.de

Quelle: ntv.de

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