Wirtschaft

Energieaktien aussichtsreich Ölpreis sorgt für Inflationsängste

22312811.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Öl der Sorte Brent kostet rund die Hälfte mehr als vor einem Jahr. Der Preisanstieg lässt die Inflationserwartungen deutlich anziehen und sorgt für Konjunkturängste. Doch die Sorgen sind übertrieben.

Seit Jahren heißt es, die weltweite Nachfrage nach Öl werde schon bald ihren Höhepunkt überschreiten. Doch bislang war dies nicht der Fall. Das wird auch in diesem Jahr so sein. Die Internationale Energieagentur rechnet für 2018 mit einem 1,4 Millionen Barrel höheren Bedarf als im vergangenen Jahr. Im nächsten Jahr könnte schon die Marke von 100 Millionen Fass pro Tag durchbrochen werden. Die Nachfrageseite spricht somit eher für einen weiter steigenden Ölpreis.

Jetzt kamen zuletzt auch noch Spannungen auf der Angebotsseite dazu, die die Verteuerung der vergangenen Wochen erklären. Erst gab es in Libyen und Venezuela Produktionsengpässe. Dann kündigten die USA auch noch das Atomabkommen mit dem Iran mit möglichen Folgen für die internationale Versorgung mit Öl. Allein in den zurückliegenden drei Monaten hat sich Brent-Öl von 65 auf fast 80 Dollar je Fass verteuert. Das ist ein Anstieg von mehr als 20 Prozent.

Es wird befürchtet, dass aufgrund der US-Sanktionen der Iran seine Öl-Exporte nicht mehr los wird. Der selbst ernannte Gottesstaat führt rund 2,2 Millionen Fass pro Tag aus, das sind immerhin mehr als zwei Prozent der gesamten weltweiten Produktion. Davon gehen 0,8 Million Barrel nach Europa. Hier könnten die Vereinigten Staaten tatsächlich einen Riegel vorschieben. Allerdings würden wahrscheinlich Länder wie China oder Südkorea in die Bresche springen und Iran mehr Öl abkaufen.

Opec steht bereit

Außerdem wäre es für die Opec-Staaten und Russland ein Leichtes, einen Rückgang der iranischen Ölexporte auszugleichen. Die Führung des sunnitisch dominierten Saudi-Arabien wartet nur darauf, dem von Schiiten regierten Erzfeind Marktanteile abzujagen. Auch Russland könnte seine Öl-Produktion umgehend hochfahren. Zur Erinnerung: Die Opec, Russland und weitere Öl produzierende Staaten hatten 2016 beschlossen, die Ölförderung herunterzufahren, um so den Preis zu stabilisieren. Hier bestehen somit nennenswerte Produktionsreserven, die eine Beschränkung der iranischen Ölausfuhren kompensieren könnten.

Dazu kommt noch die amerikanische Frackingindustrie, die beim derzeitigen Ölpreis von mehr als 70 Dollar pro Fass der Sorte WTI wieder prächtig verdient. Nach Angaben des Öl-Service-Unternehmens Baker Hughes waren in den USA zuletzt 1046 Bohrtürme im Betrieb. Das waren immerhin 145 mehr als vor einem Jahr. Vereinfacht gesagt drehen die amerikanischen Produzenten den Ölhahn wieder ordentlich auf.

Zwar könnte es kurzfristig beim Ölpreis vor allem psychologisch bedingt noch zu einem Peak nach oben kommen. Mittelfristig sprechen die fundamentalen Fakten jedoch eher für eine stabile Entwicklung. Der Markt befindet sich im Gleichgewicht.

Entwarnung für Verbraucher und Anleger

Einerseits ist kaum zu erwarten, dass die Rechnung an der Tankstelle oder die für Heizöl wieder deutlich günstiger wird. Andererseits ist ein weiterer Anstieg jedoch ebenfalls unwahrscheinlich. Verbraucher können sich ein Stück weit entspannen. Das gilt auch für die Anleger.

Öl ist in den verschiedenen Warenkörben zur Berechnung der Verbraucherpreisinflation in Deutschland direkt mit etwa fünf Prozent enthalten, aber indirekt über höhere Produktionskosten höher gewichtet. Der inflationserhöhende Effekt wird sich aber in den kommenden Monaten ausschleifen. Denn der jüngste Ölpreisanstieg läuft schon seit Mitte 2017. Die Vergleichsbasis steigt somit immer weiter an. Auch bei den Zinsen besteht nur wenig Gefahr. Die Notenbanken berücksichtigen bei ihren Entscheidungen für oder gegen höhere Leitzinsen in der Regel die Kerninflation, die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, weil die zu stark schwanken.

Anleger müssen sich also wohl kaum um den gestiegenen Ölpreis und damit verbundene Inflationsschübe sorgen. Im Gegenteil: Die höheren Notierungen bieten sogar interessante Anlagechancen. Das gilt vor allem für die europäischen Ölproduzenten und Ölserviceunternehmen. Die haben ihr Geschäft in den Jahren, in denen der Ölpreis vor sich hin dümpelte, restrukturiert und ineffiziente Produktionsstätten geschlossen. Der dadurch stark verbesserten Effizienz stehen jetzt eine höhere Nachfrage und ein gestiegener Ölpreis gegenüber. Das sorgt für starke Unternehmensgewinne. Und höhere Profite sind an den Aktienmärkten der wichtigste Motor für steigende Kurse.

Reinhard Pfingsten arbeitet bei der Bethmann Bank als Chief Investment Officer und ist Mitglied im Management Team des globalen Investment Centers der ABN Amro Gruppe. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker war zuvor bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers tätig. Er startete seine Karriere als Portfoliomanager bei der Allianz AG.

Disclaimer

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Bethmann Bank zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Bethmann Bank gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben. www.bethmannbank.de

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen